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Der Lama. Ein KalmIIckentempel. 4l8 gewand mit gelben Aermeln und hatte darüber die seidene Binde, von der rechten Schulter über Brust und Rücken nach' der linken Seite gehend, wo durch sich der Priesterstand auszeichnet; er saß unter einem reich verzierten Thronhimmel und hatte zu seiner Seite einen Altar mit dem metallenen Hausgötzen, welcher mit seidenen Läppchen und Goldpapier auf groteske Weise beklebt war. Neben dem Altar hingen mehrere von den Malereien, welche die Priester von ihren Göttern verfertigen, zwar meistens schlecht gezeichnet, dennoch aber großentheils sehr sauber ausgeführt, und wenn schon wie die chinesischen ohne Schatten und Licht, doch immerhin so zier lich, daß sie wohl auffallen mögen; es ist dieses einer von den Haupt erwerbszweigen der Priester, welche immer nur auf die Mildthätigkeit oder auf den Ankauf solcher Handelsartikel angewiesen sind. Der Lama besah verschiedene von den Malereien Kiesewetters und frug ihn dann, ob er in seiner Heimath nicht gleichfalls ein Priester sei, dem geistlichen Stande angehöre; der Maler antwortete in einem sehr feinen Doppelsinn, seines Gleichen bildeten allerdings eine besondere Klasse geweiheter Männer, welche die ursprünglich unsichtbaren Götter und Hei ligen den Menschen sichtbar machte, aber wenn schon sie durch ihre Kunst den Geistlichen immer beigestanden hätten, so seien sie selbst doch keineswegs Geistliche oder Priester. Kiesewetter malte das Bild des Lama fertig und obwohl dasselbe die Lippen nicht bewegte, so war er doch so entzückt davon, daß er gestattete, das Innere des Tempels selbst vor den Augen des Künstlers zu enthüllen, dazu aber mußte er eine besondere Weihe empfan gen. Zwei anwesende Priester geleiteten ihn vor den Lama, vor welchem er niederknien mußte, seine Stirn wurde nun mit dem wunderthätigen Safranwasser benetzt, der Kopf einige Male mit dem geheiligten gelben Priesterkragen berührt und dann wurde er unter dem Klange einer Glocke und einer kleinen Pauke nach dem Tempel geführt. Dieser hat auffallende Aehnlichkeit mit allen übrigen Zelten, nur ist er etwas größer, wenn schon nicht größer als das Zelt der Fürstin. Die Wände sind auch eben so aus mehreren hundert hölzernen Stäben, welche roth angemalt sind, zusammen gefügt und sie vereinigen sich in einem hölzernen Ringe auf dem Gipfel, welcher den Schornstein bildet; der untere Theil besteht aus einer 6 Fuß hohen Wand von solchem Gitterwerk, dessen längere Stäbe etwas gebogen sind, unten mit Riemen an das Gitterwerk gebunden, oben aber in das Hol; des Ringes eingelassen. Die ganze Höhe des Tempels beträgt etwa 15 Fuß und er hat die Form eines gewöhnlichen runden Vogelbauers von Draht, auswendig ist er, wie die Zelte der übrigen Kalmücken, mit Filz decken behängt. Kiesewetter beschreibt eines der vielen Feste und der damit verbun-