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382 Der geistliche und der weltliche Herrscher. genannt, er ist nur der Abgeordnete, der Statthalter des Mikado, welcher der wirkliche Souverain von Nipon ist. Er gilt für den Repräsentanten der uralten, von den Göttern abstammenden Herrscherfamilie, er steht aber viel zu hoch, er ist zu sehr göttlichen Ursprunges, als daß er sich mit der Sache dieser Welt befassen könnte, er ladet daher diese seine Scrge ans seinen Statthalter, den Talkun, ab. Ursprünglich ist ein solcher nichts weiter als ein major äomus, ein Haushofmeister des Mikado, aber es ist doch so gegangen, wie einstmals im alten Frankenreiche, nachdem die obersten Würdenträger sahen, daß die ursprüngliche königliche Familie ihre ganze Energie verloren hatte, wurden zwar diese letzten japanischen Mero- vinger nicht mit geschorenen Köpfen in ein Kloster gesteckt, aber doch i» einen prächtig ausgestatteten Tempel, hier machte man ihn, der thatsachlich ein Gefangener war, zum Halbgott, und sie machten der Nation weiß, daß diese Stellung seiner erhabenen Abkunst bei weitem angemessener sei, alS die frühere. So hat die neue Dynastie sich auf den nsnrpirten Thron eines ab gesetzten Kaisers geschwungen, zu gleicher Zeit den allerticfsten Rcspcct rer der Erhabenheit dieses Herrn erheuchelnd und ihn immerfort als den ab soluten Herrscher des ganzen Archipels darstellend. Auf dieser Anschauung beruht das ganze künstliche Gebäude der japa nischen Landesverfassung. Der Mikado residirt nach wie vor zu Meaks, der alten Hauptstadt der Söhne der Sonne, er ist umgeben von ei»c>» prachtvollen Hof, ist der Gegenstand des Respektes aller, ja des unter- thänigsten Respektes seines Vasallen, des Talkum Seine schläfrige Exifte»; verläuft in der Umgürtung seines weiten Palastes, den zu verlassen ci»e unbeugsame Politik ihn verhindert, aber sein Hof ist der Sammelplatz btt Dichter, der Musiker, der Künstler und Astronomen, und so könnte er wähl ziemlich angenehm leben. Ueberdies wird auf seine sonstige Verpfleg»^ der unglaublichste Fleiß verwendet, der Reis zu seiner Nahrung wird Km'" für Korn ausgesucht, er legt ein Kleidungsstück nicht öfter als einmal »»- er trinkt nie zweimal aus demselben Becher, er wird sofort zerbrochen, a»'- Besorgniß, daß irgend ein Verwegener seine unheiligen Lippen an das Klei»^ bringe, was von denen des Halbgottes geheiligt worden ist. In früheren Zeiten war der Mikado verpflichtet, mehrere Stunde» lang täglich auf seinem Thron zur Schau zu sitzen, unbeweglich, ohne er» Glied, ohne das Haupt zu rühren, es sollte damit die unwandelbare Fest>lb keit des japanischen Reiches symbolisch dargestellt werden. Wenn er si auf dem Thron sitzend sein Haupt regte, so wurde die Gegend, nach welker er hinsah, durch, schweres Unglück heimgesucht, durch Ueberfall von fremde» Mächten, durch Invasionen barbarischer Horden u. dgl.