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Das Moschusthier. 323 Lande, nicht viel mehr, als die Missionaire und einige Kausleute uns dar über berichtet haben. Das Klima ist zwar im Ganzen gesund, aber doch sehr wechselvoll, wenigstens was die Temperatur betrifft, denn die Regenmenge ist nicht groß, da sich alle Feuchtigkeit der Atmosphäre an dem ewigen Schnee der Gebirge nicderschlägt. Die Lage ist eine sehr südliche, daher die Sommer hitze sehr groß, es liegt durchschnittlich in derselben Breite wie Nordafrika, aber cs liegt wiederum sehr hoch und darum ist die Wintertempcratur so strenge, daß die späten Erndten nicht selten unter Schneegestöber stattfin den, daher kommt es, daß man viel mehr auf die Viehzucht als auf den Ackerban hält. Dieses ist die Hauptbeschäftigung der Tübetaner und dar um ist auch Fleisch, Milch, Butter und Käse die Hauptnahrung dersel ben. Zu den Hausthicren gehört eine eigene Art von Rind, der sogenannte Grunzochse (bc>8 Zrunniöim), welcher darin von dem übrigen Rindvieh abweicht, daß er einen schönen lang behaarten Pferdeschweif hat. Dieser Schweif, Tschauri genannt, wird als Fliegenwedel nach Indien verkauft und kostet dort mehr als der ganze Stier in Tübet. Schafe werden in großer Menge gehalten; von viel höherem Werthe ist den Tübetanern die Ziege, welche außer dem langen Haar, das ihren Körper äußerlich be deckt, am vorderen Theil ihres Körpers eine ungemein zarte Wolle hat, die, lang und sehr weich, das Material zu den feinsten Kaschmirshawls hergiebt. Das lange Ziegenhaar wird gleichfalls gesponnen und wird zu Kleider stoffen verwebt. Unter den wilden Thieren ist besonders das Moschusthier crwähnens- werth, es gehört in das Geschlecht der Hirsche, ist kleiner als ein Reh, hat ein sehr zartes Fell, wird aber hauptsächlich wegen des Moschus ge fangen oder erlegt. Diese Kostbarkeit befindet sich nicht, wie die mchrsten glauben, in den Hoden oder bei denselben, sondern in einer eigenthümlichen Einsackung der Haut zwischen dem Nabel und dem Gcschlechtstheil des Männchens. Es ist dieses ein wirklicher Beutel aus dem an dieser Stelle sehr wenig behaarten Felle des Thieres, aber dieser Beutel geht nicht nach außen, sondern nach innen, es könnte daher dem lebendigen Thiere der Moschus abgenommen werden, ohne ihm irgend wie zu schadeu, denn mit einem Löffel könnte man sehr Wohl in die Oeffnung kommen. Die Höhlung ist ungefähr so groß wie ein Apfel, hat inwendig eine große Menge dicht an einander liegender Falten, keine Drüse, aus diesen Fal ten drängt sich der kostbare Bisam nach und nach hervor. Es mag sehr schwer sein, das Thier lebend zu fangen, daher bekommt man den Mo schus im Handel nie anders als eingeschlossen in dem Beutel, welchen