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zeug von einem dritten, die Betelschachtel von einem vierten, die Opium schachtel von einem fünften, ein sechster trägt dem Herrn die Pantoffeln nach, vier andere haben große Fächer von Federn und mächtige Sonnen schirme, womit sie neben dem Palankin herlaufen, denselben beschatten. Ein paar Leute sind erforderlich, um den Teppich, ein paar andere, um die Polster zu tragen, auf denen der Herr sich niederlassen wird. So haben wir schon vierundzwanzig Personen, welche nöthig sind, damit ein reicher Mann einem andern einen Besuch mache. Daß die Frauen bei dem Ausgehen aus dem Hause in gleicher Weise bedient werden, versteht sich von selbst, und daß es nicht die nämliche Be dienung ist, versteht sich auch von selbst. Nun kommen aber noch die unzähligen Dienerinnen und Diener des Harems, welcher hier Zenana heißt, des Hauses, des Bodens, der Küche, des Gartens — kurz, der Wohlhabende hat Hunderte, der Reiche hat tau sende von Müßiggängern zu ernähren und der Europäer, der dort hin- kommt, muß sich diesen Sitten unterwerfen, weil es ihm unmöglich ist, einfacher zu leben. Zu den Diensten, welche dem Herrn Lieutenant ein europäischer Diener vollständig gewährt, braucht er dort zwanzig, nicht nur, weil es die Sitte so mit sich bringt, sondern weil der Diener, welcher ihm die Pfeife stopft und anzündet, sich geradezu weigern würde, ihm die Stiefel ausznziehen oder die Uniform anzuziehen. Sehr sonderbar ist es, daß in diesem Lande, in welchem die Vielwei berei gewissermaßen durch die Natur geboten ist, weil das Weib sehr früh altert und dem Mann bald nicht mehr den Reiz gewährt, den er von demselben zu fordern berechtigt ist — sonderbar ist, daß hier doch die Biel männerei hat entstehen können. Nicht nur herrscht dieselbe in Thybet und Butan, was wir schon lange wissen und darauf schieben können, daß die Bewohner, einem ganz andern Volksstamm angehörend, ganz andere Sitten und Bedürfnisse haben, als die Indier, sondern sie herrscht bei dem Stamme der Nairen ans der Küste von Malabar, auf derjenigen, welche nach Afrika gewendet ist. Bei dieser edlen Kriegerkaste nimmt eine Frau mehrere Männer und zwar nicht, wie es in Thybet üblich ist, zwei oder mehre Brüder, sondern beliebig andere verschiedene Männer, denen sie durch eine Ceremonie förmlich angetraut wird. Allerdings ist den Män nern gestattet, sich von dieser Ehe zurückzuziehen und eine andere einzu gehen, aber auch in dieser wird er bald nicht mehr im alleinigen Besitze der Gattenrcchte sein. Der Charakter der Hindu soll vor Ankunft der Europäer ein so lie benswürdiger, sittlich reiner und edler gewesen sein, wie er bei den ganz einfachen, in glücklicher Lage wohnenden Naturvölkern gewöhnlich ist und