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Geselligkeit unter de» Persern. 281 Phantasie und eine so bilderreiche Darstellung darin herrsche, daß kein an deres Volk etwas Aehnliches ausznwcisen habe. Die Perser selbst schätzen die Dichter sehr hoch, dies ist zwar ein sehr gutes Zeichen für die geistige Bildung derselben, aber es ist zugleich ein Beweis, daß sie äußerst arm an Dichtern sind, denn nur das Seltene wird geschätzt, es ist wie mit den Ge lehrten in Frankreich, welche in der Achtung des Volks so wie der vornehmen Leute die höchsten Stellungen einnchmen. Würden in Frankreich so viele bedeutende Gelehrte sein, als in Deutschland, so würde man sich dort aus ihnen so wenig machen, als hier. Die Wahrheit dieser Behauptung spricht sich auch in der persischen Literatur aus, welche nur sehr wenige Namen ausznwcisen hat, jedenfalls nicht den hundertsten Theil der Zahl, welche sich auf einer Ostcrmessc in dem Leipziger Katalog geltend macht. An diesen Gedichten oder an den Mährchen und Erzählungen, welche ihre Literatur bilden, finden sie einen so großen Gefallen, daß sie dieselben sich zehnmal, hundertmal vortragen lassen und stets mit gleichem Interesse darauf hören, gleich den Kindern, welche den kleinen Kreis der Mährchen, die ihnen die Amme erzählt, auch immer wieder an sich vorüber gehen lassen, ohne jemals dessen überdrüssig zu werden. Bei allen Gastmählern bildet daher der Mührchenerzähler den Mittelpunkt der Unterhaltung; dem nächst aber, da das Volk sehr sinnlich ist, gehören die Tänzerinnen zu dem Hauptschmuck einer geselligen Versammlung. Eine solche besteht nur aus Männern; Damen, Frauen des Hauses, haben nie Zutritt zu denselben, denn sie werden mit großer Eifersucht bewacht, dürfen zwar ausgehen, doch nie ohne Gefolge (es sei denn, daß sie den niederen Ständen ange hörten) und nie nnverschleiert. Der Schleier ist aber ein ganz anderes Ding, als wir cs kennen, am besten macht man sich eine Vorstellung da von, wenn man denkt, er bestehe ans einem Bettlaken, das man über den Kopf genommen hat, aber so lang sein muß, daß es sowohl hinten als vorn bis aus die Erde hinabreicht; der Stoff ist nicht dünner als unsere Leinwand, man würde so verhüllt nicht sehen können. Um dieses zu ermöglichen, befindet sich gerade vor den Augen ein Querschlitz, der das Hindurchsehcn gestattet; damit diese Oeffnung aber nicht zu groß werde und man irgend etwas anderes als die Augen zu sehen bekommen könnte, ist diese noch in der Mitte über der Nase eng znsammengenäht. Man kann sich ungefähr vorstellen, welch einen Eindruck eine so verhüllte Ge stalt macht. In der Gesellschaft, in welcher bezahlte Tänzerinnen die Gläubigen vergnügen und ihnen die Freuden des Paradieses wenigstens annäherungs weise verschaffen sollen, sind dieselben allerdings weder verschleiert, noch sonst Länder- und Völkerkunde. zz