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170 Der Hirsch als Hausthier. rere hundert, ja daß sie bis über tausend solcher Thiere besitzen. Bei einer solchen Anzahl läßt sich nicht denken, daß dieselbe Ursache wie bei den vereinzelten Rennthieren der Tschucktschen, sie anhänglich an das Haus mache, doch liegt hier die Thatsache vor und sie wird von allen Natur kundigen angestaunt und in den Lehrbüchern als Merkwürdigkeit angeführt, daß diese Hirschgattung unter allem Wilde dieser Klasse die einzige sei, welche sich habe zähmen lassen. Das Verhältniß ist aber ein ganz anderes, als man nach diesen Aeußerungen glauben sollte. Es ist nämlich nicht das wilde Rennthier, welches in den norwegischen Wäldern eben so gut gejagt wird, als der Hirsch in den unsrigen, sondern es ist dasjenige Hausthier, welches die Lappen seit Jahrtausenden so gezähmt haben, daß es in ihren Hürde» erzeugt und geboren wird, gleich unserem Rind und Schaf, welche beide auch einmal wild gewesen sind und in manchen Ländern noch ursprünglich wild oder von neuem verwildert Vorkommen, wie es auch mit den Pferde» eben so ist. Noch immer wild, d. h. noch nie gezähmt gewesen, sind die Pferde in der Ukraine, wieder wild geworden sind sie und die Rinder i» Südamerika, ein Beispiel von Halbwildheit derselben liefert uns Ungar», wo die Zahl der Heerden dem Herrn so wenig bekannt ist wie dem Hir ten, wo doch aber alle die Thiere, die auf einem gewissen Raum versam melt sind, einen gewissen Besitzer haben. Die Lappen nun wohnen weit genug aus einander, um sich nicht gegenseitig in's Gehege zu kommen. In diesen Waldstrecken, in diese" weiten Moosgründen ergeht sich die Heerde nach Belieben, sie wird aber jeden Abend in der Hürde nahe der menschlichen Wohnung versammelt, vor Wolf und Luchs bewacht und sie hat sich in diese Art von halbwilder Lebensweise um so leichter gefunden, als es unter der Heerde eines jede" Lappen seit den Jahrhunderten, daß sie überhaupt existirt, kein einzig^ Rennthier giebt, das nicht in der Hürde geworfen worden wäre, mit wel chem die Kinder nicht gespielt hätten und welches nicht jedes Mitglied der Familie kennte. So erklärt sich das Wunder höchst einfach. Das Bölklein, dem diese Heerden gehören, wird zwar von den kimos unterschieden, genauere Untersuchungen dürften indessen eine anfallend nahe Verwandtschaft zwischen denselben und ihren Nachbarn rechts ri»d links ergeben. Daß sie mit den Samojeden und den übrigen, Asien bewoh nenden finnischen Stämmen verwandt sind, unterliegt keiner Frage. ^ sie nicht auch mit den Eskimos eben so nahe verwandt sind, ist zwar frag lich, aber es ist auch wahrscheinlich, daß diese Frage mit Ja zu bea»l, Worten ist und die Unterschiede, welche sich etwa finden ließen, würden a"! das leichteste und einfachste dadurch zu erklären sein, daß die Eskimos »l^