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486 Das Wasser. welche nicht zu hindern ist, sonst hätte man die Spitze des Rheindelta wohl bei Schenkenschanz festgehalten; allein der Fluß, welcher sich selbst diese Barre gesetzt hat, nagt nun immerfort daran, bestrebt sich, sie weiter zu rücken und führt das abgerissene Erdreich mit sich weit hinunter in das Meer. So wird nach und nach der äußerste östlichste und westlichste Arm immer wasserleerer, bis er endlich ganz trocken liegt, dagegen die zwischen beiden befindlichen Arme sich erweitern und dann zwei davon zu Haupt armen werden. Der Cunopus-Arm, der in der Nähe des jetzigen Abusir mündete, versiegte, und es ward derjenige zum Hauptarm auf dieser Seite, an welchem Alexandrien gegründet würde — aber auch er ist verlassen, und Skanderun oder Jskenderieh ist ein unbedeutender Ort von höchstens 20,000 Einwohnern, von denen kaum zehn wissen, auf welchem Boden sie wohnen, über welche Heiligthümer alter Kunst und Wissenschaft sic hin schreiten, denn der Hauptarm des Nil mündet jetzt bei Raschid (das alte Rosette) in das Mittelmeer. Gauz eben so verschob sich die östliche Mündung des Nil; aus der von Pelusium ward die Tanaitische und dann die Mendes-Mündung, bis endlich, bei dem jetzigen Stande angelangt, die künstliche phatnitische Mündung des römischen Alterthnms zur natürlichen der Jetztzeit wurde. Unzweifelhaft hat die Nachbarschaft der großen Wüste viel dazu bei getragen, die von dem Nil und seiner befruchtenden Bewässerung verlassenen Gegenden unbebaubar zu machen, sie werden nach und nach nicht nur trocken, sondern auch übersandet — allein das Verlassen der früher ein genommenen Stelle ist eben das Charakteristische bei der Deltabildung. Das Meer drang ehemals bis Memphis, und bildete, abgesehen von dem eigentlichen Nilthal, ein bis jenseits des 30sten Grades eingeschnittenes Dreieck; dieses ist nicht nur ausgefüllt, sondern zwischen den Winkeln an der Basis des Dreiecks, zwischen Pelusium und Abusir, welche unter dem 31 sten Grade liegen, ist bereits ein weiter Bogen, bis über die Hälfte des Weges zum 32 sten Grade hinaus, in das Meer gewachsen, und so schreitet die schaffende Thätigkeit des Flusses immer fort, allerdings auch wieder im Kampfe mit dem Meere Terrain verlierend (wie in Holland der Rhein), wovon die großen und inselreichen Busen bei Alexandria, Rosette, Beltim und Damiette Zeugniß ablegen, indem sie die verlassenen Mündungen mit Salzwasser überschwemmten, ein Schicksal, das auch den gegenwärtigen wieder drohet, die nur noch durch künstliche Mittel im Gange erhalten werden, so wie nur künstliche Mittel im Stande waren, die südliche Spitze des Delta unterhalb Cairo so lange feststehend zu er halten, welche sich durch den Canal von Menus um einige Meilen zu ver-