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Nildelta. 485 Ganzen aber so neuer Schöpfung ist, daß erst unter Sesostris, 1500 Jahre vor Chr., der Boden von Unteräghpten — bis dahin nur uncultivirtes Snmpsland — durch Dämme dem Strome entrissen worden ist. Dieses Sumpfland ist das eigentliche Delta des Nil, welcher bis zu diesem Punkte alljährlich das Thal in einen See von 109 Meilen Länge verwandelte und anffüllte (was er auch jetzt noch jährlich um einige Linien thut), dann aber, als diese Arbeit gethan, die mitgeführten Substanzen erst im Meere fallen ließ. Anderthalb Meilen oberhalb Cairo begann die Gabelung des Stromes (während sie jetzt eine Meile unterhalb der Haupt stadt liegt), und der rechte Hauptarm ging damals von Memphis nahe an dem stark nach Nordosten zurücktretenden Bergzuge und nach der Wüste von Suez nach Pelusium (jetzt verschwunden von der Erde — unfern da von liegt das maurische Dorf Tineh, von wo der Canal nach Suez ge zogen werden sollte, um das rothe Meer mit dem Mittelmeer zu verbin den), und mündete dort in dem Busen, der noch auf den Karten den Namen der untergegangcn Hafenstadt führt. Der andere Arm des Nil ging von dem Theilungspunkte Memphis sehr stark westlich, mit einer geringen Neigung nach Norden, auf das einst so berühmte Canopus zu, und zwischen diesen beiden Hauptströmen gab es noch fünf andere, welche das Delta zwischen Canopus, Memphis und ,Pe- lusinm durchschnitten. Von den beiden Hauptarmen sieht man noch die Spuren, nicht sowohl in unfahrbaren, versumpften, als vielmehr in ganz trocknen Flußbetten; von dem alten Heliopolis, Bubastis, Phakusa und anderen blühenden Städten, die einst an dem rechten Arm lagen, ist kein Stein mehr übrig, der Zeugniß ihrer Größe gäbe — von dem linken Arm hat sich wenigstens in der Benennung „der leere Fluß (Bahr el Fargh) oder der Fluß ohne Wasser (Bahr be lü Mä)" eine Erinnerung an sein ehemaliges Vorhanden sein erhalten. Er geht nahe an den Natron- und Salzseen vorbei, welche vielleicht noch Ueberbleibsel eines ehemaligen Meeresstrandes sind, und läßt die Pyramiden von Gizeh auf seinem rechten Ufer, also innerhalb des Delta, liegen, indeß sie jetzt auf dem linken Ufer des linken Armes des Nil und außerhalb des Delta befindlich sind. Das Historische über das Delta ist nicht ohne Absicht angeführt, es bezeugt die Bildung und fortwährende Umwandlung des Deltalandes. Allerdings steht die Cultur des Landes sehr zurück gegen die zur Zeit der Pharaonen und der Ptolomäer vorhandene; allein von selbst würde ein herrliches, fruchtbares Land nicht ansgegeben worden sein, wenn die Natur nicht dazu gezwungen hätte — dies geschah durch Verrückung der Spitze des Delta, welche jetzt 3 Meilen weiter abwärts liegt als früher und