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468 Das Wasser. einen zweiten See gebildet, bei Passau durch eine Stromenge, woselbst, auf der nördlichen Seite vom Böhmerwaldgebirge begrenzt, doch das linke Donauufer ihr Raum bot, sich abermals zu einem See auszubreiten, der sich erst unfern Linz entlud, wo die Traun, von Throl herabkommend, vielleicht die Bohrung machen half. Hier windet sich die Donau, eingeengt durch hohe und steile Berge, in einem steinigen und felsigen Bette mit den wunderlichsten Krümmungen durch die romantischen Thäler zum Strudel und Wirbel. Der oberste der beiden Katarakten (Stromschnellen), der Strudel, hat ein schmales, zwischen einer Felseninsel und zahllosen Felskizgeln eingeengtes Bette, welches der Strom mit großer Wildheit durchstürmt. Die Felsen, welche unterhalb des Wasserspiegels liegen, sind durch die Gewalt des Wassers bis hierher gerollt und ganz abgeschlisfeu; hier, irgendwie eingekeilt, wogt und wallt die Donau in grünlichen, noch nicht getrübten Massen über sie hin. Die aus dem Wasser herausstehenden Felsen heißen in der Volkssprache „Kachelt" oder „G'häkelt", sie sind meistens zackig oder scharfkantig. Durch diese Felsen sind einige der Abtheilungen oder Arme der Donau ganz nnfahrbar. Ziemlich in der Mitte liegt ein breiter und langer Fels (1800 und 2600 Fuß) von solcher Höhe, daß er gewöhnlich von dem Hochwasser nicht überlaufen wird; auf die ziemlich ebene Fläche desselben hat der Strom Lehm, Sand und vegetabilische Theile in solcher Menge gespült, daß er eine fruchtbare Insel von beinahe 200 preußischen Morgen bildet. Aus der Fläche ragt ein hoher Felsen mit einem steinernen Kreuze hervor. Früher stand hier ein nicht unbedeutendes Schloß, welches, jetzt in Ruinen liegend, in seiner Bauart ein so hohes Alter verräth, daß man dasselbe für das älteste der ganzen Umgegend hält. Durch die sonst sehr gefährlichen Strudel mochte es als ein beinahe unnahbarer, uneinnehmbarer Zufluchtsort der Raubritter, welche hier wie überall im Mittelalter ihr verruchtes Wesen trieben, gedient haben. Kaiser Joseph hat die gefähr lichsten Felsen sprengen lassen, so daß dieser Donau-Strudel seit dem Jahre 1791, wo die Arbeiten beendet waren, nicht mehr für gefährlich gehalten wird; man eilt im reißenden Fluge innerhalb vier Minuten dar über hinweg, ohne die Ruder, welche lediglich zur etwa nöthigen Abwehr weit hinaus gestreckt liegen, zu gebrauchen. Ganz nahe daran, unterhalb dieses Strudels, liegt der Wirbel, welcher dadurch entsteht, daß die sehr reißenden Wogen an den gerade aufstre benden Felsen anprallen, eine Kreisbewegung machen und ziemlich voll ständig in sich zurückkehren. Auf dem Felsen stand sonst ein Schloß, dessen klafterdicke Mauern noch jetzt in Staunen setzen. Daselbst wurde früher eine gewaltige eiserne Kette bewahrt, mittelst deren man die Donau sperrte,