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456 Das Wasser. die tiefste Stelle kommt und nunmehr sich der Boden gleichmäßig hebt; hierbei sieht man gewöhnlich, daß von beiden Ufern her die Tiefe zuerst sehr langsam, dann ein wenig schneller und in der Mitte am raschesten zunimmt. Wenn aber der Fluß, wie dies in Ebenen immer geschieht, in krum men Linien, hufeisenförmig verläuft, wohl gar, wie es sehr häufig der Fall, als ob man viele Hufeisen mit entgegengesetzten Krümmungen an einander gelegt hätte, wodurch beinahe Achten (888) entstehen, so wird da durch sein Profil auch sogleich ein anderes, es ist nicht mehr symmetrisch sondern ungleich gekrümmt und zwar so, daß da, wo das Ufer des Flusses concav ist, die größte Tiefe gefunden wird, dort aber, wo das gegenüber liegende Ufer convex in die Concavität eintritt, diese eingreifende Land zunge sehr flach ist und sich von derselben das Bette des Flusses nur lang sam unter Wasser senkt, auch bis nahe zu dem concav ausgeschnittenen Ufer beinahe ganz gleichmäßig verläuft. Bleiben wir auf derselben Seite des Flusses und betrachten wir zwei Krümmungen desselben, die auf einander folgen, so werden wir deutlich die Gestalt eines lateinischen 8 wahrnehmeu. Von dem unteren Theil heißt die rechte Seite das concave, die linke hineinspringende Seite das convexe Ufer, bei der oberen Hälfte des 8 ist die Sache umgekehrt, die linke Seite ist die concave. In der innersten Krümmung des concaven ist die Tiefe und die Abschüssigkeit am größten, dort geht der Strom vorzugsweise. Wenn er nun aber bis zu der zweiten Krümmung, bis zu der oberen, gelaugt ist, so stellt diese das convexe Ufer, das flach verlaufende vor, und der Strom fließt nunmehr nicht an diesen:, sondern an dem jenseitigen gegenüber liegenden; die Strombahn ist also dort und somit auch die Vertiefung, welche dieselbe sich ausgewaschen hat. Es ist aber nothwendig, daß die beiden wechselnden Profile in einander übergehen; es ist unmöglich, daß einmal die Vertie fung auf dem rechten, daß nächste Mal auf dem linken Ufer sei, ohne daß alle Stationen nach und nach durchgemacht würden, welche diese Bahn und ihr Profil vom rechten auf das linke Ufer überführten, und so finden wir es auch in der That; von der äußersten Vertiefung desselben rückt aus der Krümmung heraus die Strombahn immer ferner vom Ufer, im mer mehr nach der Mitte, bis endlich sie die Mitte überschreitet, sich dem Unken Ufer nähert, in der Krümmung dasselbe erreicht, und am tiefsten da hinabsinkt, wo der Strom am mehrsten senkrecht auf das Ufer stößt. Tritt dies Letztere wirklich ein — wie es denn allerdings nicht selten geschieht — so werden an dieser Stelle auch die Ufer senkrecht abfallen, sie werden mit der Oberfläche des Flusses einen rechten Winkel bilden. Sind die Ufer von einem zusammenhaltenden Material, wie Lehm, lehmi-