450 Das Wasser. chere Gestein ist nicht mehr angegriffen als das allerhärteste, und die Wassermasse ist eine so geringe, daß sie solche Effecte auch in Millionen Jahren nicht erreichen würde. Am schönsten ausgesprochen finden wir die Eigenthümlichkeiten des oberen Laufes der Flüsse aus der Südseite der Alpen; dort, wo dieselben die fruchtreiche Ebene der Lombardei in einem großen Halbkreise — einem mächtigen Gebirgswall gleich — umgeben, brechen viele Berge schroff und steil ab, und aus ihren Spalten schießen mit unerhörter Schnelle und Fülle die Flüsse hervor. So stürzen von den penniiiischen Alpen an der Grenze von Savoyen die Zuflüsse der Sesia und der Dora herab. Der letztge nannte Fluß, durch reißende Waldbäche gebildet, fällt von Aosta (1842 Fuß über dem Meere) bis nach Jorea (739 Fuß) 1103 pariser Fuß im Verlauf von kaum sechs deutschen Meilen. Aus schauerlich tiefen und engen Klüften brechen die Zuflüsse aus, nach anhaltendem Regen ist das Rasseln * und Rauschen derselben so furchtbar, daß kein anderes Geräusch neben ihm hörbar ist, denn von den viele tausend Fuß hohen Felswänden prasseln die von der Oberfläche weggerissenen und gespülten Steine in die Schluchten hinab; selbst wenn es möglich wäre, dort zu gehen, wo die Wasser der reißenden Ströme den ganz unteren Theil des Gebirgsspaltes ausfüllen und nicht Raum vorhanden ist, wohin eine Bachstelze ihren Fuß setzen könnte, würde niemand so tollkühn sein, dies Unternehmen zu wagen; denn es fallen nicht einzelne Steine, sondern wie bei dem dichtesten Hagel fallen saust-, erbsen- und kopfgroße Steine irz zahlloser Menge herab, im Sturze von Wand zu Wand hinüber- und herüberspringend und bei jedem Anprall wieder in kleinere Trümmer zerfahrend, bis der Waldstrom sie verschlingt und sie nun in dichten Massen in seinen Schooß herniederschwemmt in die größeren Ströme, in welchen sie eben so wenig Ruhe finden, sondern erst noch in die lombardische Ebene geführt werden, woselbst sie dem un teren Theile des Po ein erhöhtes Bette gebildet haben, dergestalt daß dieser Hauptfluß Italiens beträchtlich höher fließt als die Ebenen um ihn her liegen, des schlechten Materials seiner Ufer wegen (Gerölle, welches nicht dicht zu schließen vermag) nicht nur häufig zerstörende Ueberschwem- mungen verursacht, sondern auch bei gewöhnlichem Stande seines Wassers so viel davon durchläßt, daß der untere Theil der lombardischen Ebene viel mehr der lombardische Sumpf heißen sollte. In den engen Gebirgsschluchten vermag kein Mensch zu gehen, die breitere der vors bslties (zum Unterschiede von dem südwärts fließenden Schwesterfluß vors soipors) aber nimmt neben der wüthenden Strömung noch den Weg aus, welcher schon seit der Römerzeit hier nach Aosta und so fort über den St. Bernhard führt. Derselbe ist fast durchgängig in