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408 Das Wasser. Eine vollständige Wasserscheide bildet das ganze Skandinavische Ge birge; sämmtliche Flüsse, die in den bosnischen Meerbusen und in die Ost see münden, entspringen auf seiner Ostscite; sämmtliche in das Nordmeer gehende auf seiner Westseite. Eine ähnliche Beschaffenheit haben die Ge birge von Südamerika, sowie die Cordilleras von Mexiko; sie verlaufen meridianartig und scheiden die Flüsse des vorliegenden weit gestreckten öst lichen Landes von denen der kurzen westlichen Strecke. Auch der Alpenstock entbehrt der Befähigung der Gebirge, die Gewässer zu trennen, keineswegs, nördlich desselben entspringen die Rhone, der Rhein, der Inn und in ihrem ferneren Verlauf als Krainer- und Kärnthner-Alpen auch die Drau und Sawe, mächtige Zuflüsse der Donau; auf dem Südabhange des großen Gebirges dagegen finden wir Etsch und Po, beide sehr wasserreich und durch den Kamm der Alpen gänzlich von den nordischen Flüssen getrennt. Immer aber sind die Beispiele, daß Gebirge wirkliche Wasserscheiden sind, sehr viel seltener, als solche, die das Gegentheil Nach weisen, sowohl daß sie es nicht sind (Gebirgsdurchbrüche), als daß es Wasserscheiden giebt gänzlich ohne Gebirge und daß es überhaupt unthunlich sei, die Erdoberfläche nach solchen Grundsätzen zu theilcn und zu gliedern, eben weil sich kein Grundsatz darin ausspricht, weil mit der Eintheilung der Länder in Stromgebiete keine natürliche Unterscheidung der größten Hauptformen gegeben, ja es nicht einmal möglich ist, sic durchzuführen, da, wie wir gesehen haben, sehr häufig ein Gebiet in das andere über- greist. "- Einen Werth haben aber die Untersuchungen über die Stromgebiete dennoch — man hat die Größe und Mächtigkeit und das Berhältniß der selben zu einander kennen gelernt. Und es sind in dieser Hinsicht sehr schätzenswerthe Ermittelungen von Engländern, Franzosen und Russen ge macht, welche die früheren, lediglich aus Karten, die unrichtig waren, ge schöpften Bestimmungen sehr berichtigt haben. Was Müller und nach ihm Otto aufgestellt, ist gegenwärtig werthlos, weil auch sie, wie einst der be kannte Geograph Ebeling (Bibliothekar in Hamburg), nur Karten ihren Be stimmungen zum Grunde legten; Ebeling vermaß die Länder und Reiche, indem er innerhalb der Grenzen derselben Dreiecke construirte, bis die Anwendung des Zirkels als Meßinstrument nicht mehr thunlich, dann schnitt er die außerhalb der vielseitigen, unregelmäßig aber gradlinig begrenzten Figur befindlichen rundlichen, überhaupt gekrümmten Stücke Papier mit einem scharfen Messer aus der Karte und wog sie ab gegen ein Stück des selben Papiers von der Größe einer Quadratmeile — so gelangte er sinn reich genug zu sehr genauen Resultaten, natürlich vorausgesetzt, daß die Karten, mit denen er so grausam verfahren, selbst sehr