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Durchbrüche europäischer Flüsse. 407 muß, wie sein aus Geröll und Geschiebe bestehender ganz ebener Boden beweist, einstmals ein gewaltiger See gewesen sein, und wie sie es damals wirklich waren, so scheinen noch jetzt die Berge der nördlichen (niedrigen) Schweiz, des südlichen Würtemberg und des südlichen Baiern wie Inseln daraus hervor zu ragen. Die Ueberreste des einst viele hundert Quadrat meilen einnehmenden Sees sieht man noch bei Genf, bei Neuenburg, Zürich, Constanz und an einigen Punkten des bairischen Oberlandes. In dieser ursprünglichen tiefen Furche — aus der Seite des Jura in der Höhe von 3000 bis 5000 Fuß, auf der Seite der Alpen um 6 bis 8000 Fuß überragt — sollte man wohl einen der mächtigsten Ströme von Europa fließend vermuthen, er müßte eine gewaltige Wassermenge von beiden Ge- birgsabhängen aufnehmen und nach Osten abführen. So ist es keineswegs. Der mächtige Strom, welcher hier entspringt, heißt die Aar, die Reus, die Limmat — endlich der Rhein; in diesen Ge genden noch sehr klein, empfängt er aus den Alpen und dem Jura wenig Zufluß, wird erst bedeutend, nachdem er die Gebirge längst verlassen hat und er fließt nicht, wie man erwarten sollte, nach Osten, sondern er durch bricht, wie oben bereits bemerkt, das Juragebirge da, wo er sich mit dem Schwarzwalde vereinigt und wendet sich zuerst nach Westen und dann nach Norden. Der Hanptstrom, welcher nach Osten geht, die Donau, entspringt außer halb dieses Thales, nördlich davon und hat mit den Zuflüssen des Rheins keine Gemeinschaft, erhält die sämmtlichen Quellenflüsse aus dem östlichen Abhange des Schwarzwaldes und aus der Ebene zwischen diesem und der Südseite der würtembergischen Alp — bis dahin wo der Inn die Gewässer von Tyrol herab führt. Auf der südwestlichen Abtheilung des gedachten Theiles zwischen dem Jura und der Schweiz wiederholt sich ganz dasselbe mit der Rhone. Nach dem sie auf den Alpen in den Gmfersee (in dasselbe große Thal, welches der Rhein durch den Bodensee verläßt) getreten ist, geht sie nicht in diesem Thale dem Rhein zu, sondern sie wendet sich südwestlich nach Frankreich hin. Es scheiden also die Alpen und der Jura nicht einmal diese beiden in dem nämlichen Thale nach verschiedenen Richtungen fließenden Gewässer, der Damm zwischen dem Genfer- und dem Neuenburgersee würde leicht durch einen Kanal durchstochen, und so der Weg aus dem Mittelmeer in die Nordsee mitten durch den Contincnt von Europa zu Schiffe gemacht werden können. Mit all diesem soll aber nicht bewiesen werden, daß Ge birge nicht auch einmal Wasserscheiden sein können. Die Aufstellung so schroffer Ansichten würde zu eben solchen Jnconsequenzen führen, wie die entgegengesetzte, bisher bekämpfte und glücklich widerlegte Ansicht.