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Bifmcatlon. 395 sie unterhalb Nürnberg bei Fürth sich vereinigen, einen größeren Wasser reichthum hätten, so würden sie sich möglicher Weise in solcher Art theilen, daß ein Arm dem schwarzen Meere, der andere dem atlantischen zuflösse, und der Ludwigscanal, der künstlich Dasjenige bewirkt, was in anderen Fällen die Natnr thut, wäre nicht gegraben worden (es sei denn, daß man mit den Engländern Flüsse für diejenigen Wasserzüge hielte, welche dazu da wären, um neben ihnen Canäle zu bauen). Weil bei uns aber solche tropische Regen nicht Vorkommen, die ein ausgedehntes Thal zeitweise in ein Binnenmeer verwandeln, weil die über flüssigen Gewässer also nicht abzufließen brauchen und sich mithin auch nicht solche natürliche doppeltgeneigte Furchen bilden, so haben wir die Erscheinung der Bifurcation nur angedeutet, nicht fertig; im großartigsten Maaßstabe aber treten sie auf in den weiten Flächen von Südamerika. Bon dem zwanzigsten Grade südl. Breite bis zum zehnten nördlicher Breite bildet die mächtige Kette der Cordilleras de los Andes einen großen Bogen, dessen Höhlung gegen das vorliegende Land von Südamerika ge kehrt, indessen der Rücken der Krümmung dem stillen Meere zugewendet ist. In diesem ungeheuren Raum liegen fast die sämmtlichen Quellen und Zuflüsse des Amazonenstromcs, welcher nur aus der Provinz Matto Grosso noch Nahrung erhält, woselbst die von den Cordillcras abgesonderten bra silianischen Gebirge sich abdachen. Venezuela und die Guyana haben ein paar gesonderte Gebirgsstöcke, die auch von den nach dem Isthmus verlaufenden Cordilleras vollständig getrennt sind. Südlich von den Gebirgen von Venezuela entspringt (in seinen Quellen erst durch die Brüder Schomburgh bekannt geworden) der Orinoco. Er und der Maranon fließen in einander entgegengesetzten Richtungen, der letztere von West nach Ost, der Orinoco umgekehrt, bis er da, wo die Kette von Venezuela ihr Ende erreicht, seine Richtung vollkommen aufgiebt, den Gebirgsstock nahe an seinem Fuße bestreichend, sich nach Norden wendet, zwischen diesem und dem Andesgebirge durchbricht und endlich im Norden des Gebirgsstockes, um welchen er sich schlingt, seine Richtung abermals verändert und nun von Westen nach Osten fließt, so daß sein Weg beinahe eine Spirale genannt werden kann. Humboldt sagt, sein Ausfluß liegt nur ein paar Längengrade weiter östlich als seine Quellen, obschon der Fluß einen Lauf von 300 (340) Meilen macht. In der Mitte seines Laufes nimmt der Amazonenstrom den Rio Negro (den schwarzen Fluß) auf, welcher durch ein fast ganz ebenes Land seine trägen Fluthen wälzt, im Glase bräunlich-klar wie Kaffee, in größeren Massen schwarz wie dieser und wahrscheinlich aus derselben Ursache — es ist nämlich ein Extract aus halbverkohlten Pflanzenstosfen.