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Eishöhlen in Norwegen. 381 Hoch über dem berühmten Gletscher, welcher von Sulitelma herabkommt, befindet dieselbe sich nicht sowohl in, als an dem Gebirgsstock angelehnt, denn sie ist nicht eine Felsenhöhle theilweise oder ganz mit Eis bekleidet, sondern sie ist gänzlich aus Eis gebilvet und man braucht bei der Durch sichtigkeit ihrer Wände keine Fackeln, man kann sie bei Tageslicht besuchen, welches jedoch wegen der Gefahren des Weges über den darunter liegenden Gletscher sehr selten geschieht, daher diese wunderbare Höhle bei weitem nicht so bekannt ist, als sie wohl zu sein verdient. Der 5794 Fuß hohe Berg liegt aus der Grenze von Schweden und Norwegen in dem norwegischen Stifte Norland und es geht die Scheide linie, welche die schwedischen Provinzen Norder- und Westerbothnien von einander trennt, von ihm, an seinem Gipfel längs der Pitea Elv (Elf, Fluß) bis zur Mündung dieses Stromes in den Kochnischen Meerbusen. Durch diese Bezeichnung ist der Sulitelma auf guten Karten ganz leicht zu finden. Von Norwegischer Seite steigen die Gebirge sämmtlich sehr steil auf wärts, hierher sind auch die Gletscher alle gerichtet, der des Sulitelma ist über eine Meile lang und da, wo er zwischen die hohen Alpenrücken tritt, scheint nicht mehr Fels und Urgestein ihn zu begrenzen, sondern reines Eis. Die nach Westen gerichteten Schneegebirge empfangen alle Feuchtig keit des Meeres, so daß einige Orte an der Küste siebenzig bis achtzig Zoll jährlich Regen haben, indessen die unter gleichem Parallelkreise jen seits der Gebirge am bothnischen Meerbusen gelegenen Orte nur 12 Zoll erreichen; daß ein solches Verhättniß unendliche Schneemassen während des Winters herbeiführt, und daß diese auf den Hochgebirgen während des Sommers nur zum Theil schmelzen, zum größeren Theil durch den Regen, der Nachts immer wieder gefriert, in Eis verwandelt werden, ist natürlich. Dort, in den Schluchten, zwischen den sich näher rückenden Bergwänden, bilden sich durch das Ueberwchen mit Schnee weite und kühn gespannte Gewölbe, die oft zu vielfach verschlungenen Säulenhallen werden. Höchst gefährlich ist es, sic zu betreten, denn der locker gehäufte Schnee hängt im eigentlichsten Sinne des Wortes gleichsam in sich selbst, an den Ecken seiner Sternchen, er hat wenig Stütze unter sich — stürzt solche Masse zusammen, so begräbt sie den Wanderer, und seine im Eise erstarrte Mumie kommt vielleicht nach Jahrhunderten am unteren Ende des Gletschers zum Vorschein. Ist jedoch das Schnecgewölbe durch den Frühjahrsregcn zum Eisgewölbe geworden, so ist cs fest und scheint der Ewigkeit zu trotzen. Eine solche, wahrscheinlich oft wechselnde, wieder neu sich bildende Höhle beschreibt Adlerkorn in seiner Reise durch Norwegen. Der Eingang wird durch einen prächtigen Bogen von Staunen erregender Höhe gebildet,