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20 Magnetismus. Erwachen der Wissenschaften unter Copernicus, Galilei, Newton u. A. m. das Forschen begann, da wurden auch sofort in sehr mißverstandenem Eifer für Alles, mithin auch für die Richtkrast des Magneten, Erklärun gen gefunden. Zuerst war die Erde ein großer Magnet. Man brach ja aus ihrem Schooße Magneteisenstein, warum sollte ihr Kern nicht ein ein ziger Magnet sein — konnte man doch einen solchen nachbilden in der sogenannten lerrella, einen Magnetstein zur Form einer Kugel geschnitten und mit einer Erdkarte so überzogen, daß die Pole der Karte mit den Polen des Magnets zusammen fielen — ein solcher Magnet wie die lerrella im Kleinen, war die lerrs, die Erde, im Großen. Natürlich mußten in Folge dieser Ansicht die Gegenden der magnetischen Pole ganz ungeheure Kräfte entwickeln. Fracastoro, ein Zeitgenosse des großen Columbus, lehrte, daß sie Magnetberge bildeten, welche, jeder Schifffahrt Verderben bringend, von den Seeleuten mit größter Besorgniß gemieden würden, und zwar mit Recht — denn aus bedeutenden Ent fernungen zögen diese Pole die Schiffe, vermöge des auf ihnen vorhan denen Eisens mit unwiderstehlicher Gewalt an sich, kein Ruder und kein Segel könne diesem Zuge Widerstand leisten. Ein ausgeworfener Anker sinke nicht zum Meeresboden, sondern flöge gegen den Magnetberg und reiße das Schiff mit sich; zuletzt könne das Schiff selbst, durch die Wellen behindert, nicht so schnell folgen als der Mägnetberg ziehe, das sei der Augenblick des Unterganges: denn nun rissen sich alle Nägel, alle Klam mern und Haken, so weit sie von Eisen seien, los und das Schiff zerfiele in Trümmer. Der Magnetberg sei dadurch von oben bis unten mit Ankern, Kanonen, Nägeln u. s. w. bedeckt, daß man ihn selbst nicht mehr sähe. Auf die Frage: wer denn nun dies gesehen haben könne, da er doch auch auf einem Schiffe gewesen und dies aus den angegebenen Ursachen gleichfalls zertrümmert sein müsse, war die sehr vernünftige Antwort: ja, auf einem Schiffe, auf welchem alles Eisen durch Messing und Kupfer ersetzt worden, auf welchem man messingene Anker und Kanonen, messingene Nägel, Messer und Gabeln, messingene Aexte, Mei ßel und Sägen, ja sogar messingene Feuerstähle gehabt — ein solches sei vor dem Angriffe des Magnetberges, d. h. vor der Zugkraft desselben, sicher — und auf einem so ausgerüsteten Schiffe muß wohl auch Fracastoro, welcher alle Thatsachen über die Magnetberge so genau weiß, gewesen sein. Im Uebrigen ist es vielleicht nur eine poetische Fiction gewesen, welche man für baaren Ernst nahm, denn Fracastoro ist viel mehr als Poet, denn als Naturforscher bekannt. Er ward 1483 zu Verona geboren, studirte in Padua Mathematik und Medicin und wurde in seinem neunzehnten Jahre daselbst Professor der Dialektik; später, als Leibarzt des Papstes