Spring- und Ni'ppfluHtn. 141 Weiter gehend, nähern sich die Fluthen wieder, und am 15ten Tage tritt Mond- und Sonnenfluth wieder auf dieselbe Stunde zusammen. Dieser Fall und der zur Zeit des Neumondes heißt Springfluth. Sieben Tage vor und nach den Springfluthen, wenn Sonne und Mond mit der Erde einen rechten Winkel machen, wenn die Sonne Ebbe macht, zu der Zeit, wo der Mond Fluth macht, sind die Fluthen am niedrigsten — das sind die Nippfluthen. Um uns diese Erscheinung durch ein paar Striche zu versinnlichen, neh men wir an, die Kugel a sei die Erde zur Zeit des Neu- oder des Vollmondes; alsdann wird der Mond die Wasser massen erheben um das Stück ük und bo, die Sonne aber wird in derselben Richtung dieselbe Wassermasse noch um das Stück und ik erheben; es tritt also eine Doppelfluth, durch die beiden Gestirne bewirkt, ein. Wenn nun aber sieben Tage nach diesem Ereigniß jeder dieser Him melskörper eine Fluth für sich, aber auf entgegengesetzter Seite der Erde macht, erhält die Erde eine andere Ansicht. Die Erhöhungen der Fluth zeigen sich so, wie die hier folgende Zeichnung es giebt: Die Erde a erhält durch den Mond die Fluth ük und bc aus den oben an gegebenen Gründen, dagegen durch die, mit Mond und Erde einen rechten Winkel bildende Sonne die Fluth und ik um 90 Grad von der Mondsfluth entfernt. Es bedarf wohl kaum der Erwäh nung, daß die in der Zeichnung angege benen Verhältnisse bis zur Carricatur ent stellt sind, weil es vollständig unmöglich ist, selbst auf einem Blatte, auf welchem die Erde zwei Fuß Durchmesser hätte, eine Linie nahe genug an den Erdkörper und fein genug zu zeichnen, so daß sie zu dem Halbmesser der Erde in dem Verhältuiß von 1 zu 10 Millionen stünde; denn mehr als so vielmal 2 Fuß ist dieser Halbmesser lang — allein abgesehen von dieser nicht zu vermeidenden Uebertreibung, ist die Thatsache an sich vollkommen richtig, daß Sonne und Mond solche Fluthen zusammenstimmend oder von einander abweichend machen, und hiervon geben die Zeichnungen ein übertriebenes, aber anschauliches Bild.