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Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 19.01.1877
- Erscheinungsdatum
- 1877-01-19
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-187701193
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-18770119
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-18770119
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Saxonica
- Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Leipziger Tageblatt und Anzeiger
-
Jahr
1877
-
Monat
1877-01
- Tag 1877-01-19
-
Monat
1877-01
-
Jahr
1877
- Titel
- Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 19.01.1877
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ausgabe der bereit- früher erschienenen Krnoer- lieber, Opa» 27. 83. 75 uno 9l von Carl Reinecke Die zweite, ..Jungbrunnen", cbarakterisirt sich selbst al- eine ..Sammlung der schönsten Kinderlieber" von verschiedenen Componisten. Die dritte. „Christ gab«", enthält alte und neue Weihnachl-lieder nebst einer Beigabe vierhändrger Weihnackt-musik. Wir könnten diese drei Sammlungen al- in jeder Beziehung gediegen m d zweckentsprechend einfach empfehlen, wenn unS nicht ein tiefere- Interesse für die Sache zu einigen weiteren, die musikalische Au-bildung der Jugend betreffenden Bemerkungen veranlaß te. Da- Clavier ist heut zu Tage da- bei Weitem bevorzugteste Instrument, und wenn man von musikalischer Bildung spricht, so denkt man in der Regel an Nicht- weiter, al- an einen größeren ober geringeren Grad technischer Fertigkeit in der Behandlung de- Clavier-. Wie oft muß man über die Erfahrung machen, daß selbst fertige Clavierspieler nicht im Stande sind, die einfachsten Tonverbältnisse (Intervalle) zu unterscheiden und mittel- der Stimme wiederzugeben? Kann man dann noch von musikalischer Bildung sprechen? Gewöhnlich schiebt man dann die Schuld auf da schlechte musikalische Gebör. Ganz richtig! Aber dem Mangel hätte sich durch rechtzeitige uebungen gewiß abhelfen lasten. Da- Gebör ist eben ein Sinn, der der Au-bildung bedarf, wie jeder andere. Dieselbe muß aber frühzeitig begonnen werden. Wir nehmen an, daß die Schule in dieser Beziehung thut, waS sie thun kann. Für weniger begabte Kinder aber hat sie absolut keine Zeit. Hier muß Schule und Hau- mit einander Hand in Hand gehen. Wir verlangen keinen förmlichen Gesangunterricht im Hause. Wollte man aber von jeder Claviersiunde nur 10 Minuten auf Gehör- und Stimmbildung-übungen verwenden, wie solche jede Schulgefang-methodik vorschreibt, wie bald würde sich da da- schleckte Gehör bester« und Stimme einstellen, wo vorher keine da war. Wir reden au- Erfahrung. E- ist unS bi- jetzt noch kein Fall vorgekommen, wo ein Kind so un- begabt gewesen wäre, daß eS trotz allen Bemühen- schließlich nicht im Stande gewesen wäre, ein Liedchen, wenn auch nur nach dem Gehör, am Clavier zu singen. Ost aber waren die Resultate weit erfreulichere. Und wir haben da- Singen nie ander- al- im Anschluß an den Clavier- unterricht betrieben Wir haben keine Ursache, den Segen eine- guten Clavierunterrickls anzu- zweiseln, aber wir müsten behaupten, daß selbst der beste Clavierunterrickt durch Verbindung mit geeigneten gesanglichen Uebungen nur gewinnen und seinem endlichen Ziele, da- musikalische Auf fassungsvermögen des Kinde- zu wecken und zu fördern, näher gesübrt werden würde. Möchten diese kurzen Andeutungen die betheiligten Kreise zum Nachdenken anregen über eine Frage, die un- sür die musikalische Au-bildung der Jugend von höchster Wichtigkeit erscheint. Reineckc'S Kinderlieder bieten nun dem mit der Sache vertranten Lehrer einen köstlichen UebunqS- stoff dar. Wahl der Texte und musikalische Be handlung derselben beweisen zur Genüge, daß Carl Rernecke vor vielen Anderen berufen ist, ein Gebiet zu bebauen, da- seiner übrigen, im eminen testen Sinne künstlerischen Thätigkeit so fern zu liegen scheint. Zunächst würde die Benutzung de- „Jungbrunnen-" zu empfehlen sein, der übrigens die schönsten Nummern au- den 35 Kinderliedern enthält. Unter den letzteren befinden sich auch verschiedene zweistimmige Lieder, die für später angenehme und dankbare Ausgaben bilden. Die „Cyristgabe" wird man natürlich mit Vorliebe zur WerhnachtSzeit benützen. Indeß, wann beschäf tigen sich Kinder nicht gern mit dem heiligen Christ? Wir machen Eltern und Lehrer aus diese Neinecke'schen Kinderlieber angelegentlichst auf merksam. Sicher wird da- Studium derselben aus die Gefühl-- und Geschmacksrichtung der Kinder von heilsamstem Einflüsse sein. Denn gesunde Kost sind diese Lieder, gesünder al- alle die Opernragoutö, die geschäftige Hände täglich zubereiten, damit sich die großen und kleinen Kinder, für die sie bestimmt sind, ihren guten Geschmack recht gründlich verderben können. Moritz Vogel „Jul klapp" ist JuliuS Röntgen'- Opus 12 belitelt, eine Weihnackt-gabe, bestehend au- 9 kleinen Clavierstücken für große Leute. Leipzig, bei Breitkopf «L Härtel. Wen der Titel befremden sollte, dem empfehlen wir die Lectüre Fritz Reuter'scker Erzählungen, wo er die ge wünschte Belehrung früher oder später sicher finden wird, klebrigen- ist derselbe für da- Verständniß der Stücke ohne Bedeutung. JuliuS Röntgen scheint gegenwärtig ein eifriger Verehrer R. Schumann s zu sein, während früher (wenn die Iahre-zahl 1804 über Nr 2 die Ent- skehungSzeit de- Stücke- bezeichnet) Mendelssohn sein Ideal war. Wir theilen seine Sympathien für beide Meister und haben un- durch die man cherlei Reminiscenzen an sie den Genuß an den Stücken nicht verkümmern lasten. Besonder-lieb- gcwvnnen haben wir die Nummern 1. 5 und 7, iu denen Eusebiu- da- Wort führt, während die übrigen Florestanisch gehalten sind. DieSchluß- : ummer. eine kagdetta all» Lumoreblia, ist ein guter Witz. Unter den Händen eine- tüchtigen Spielers muß da- Stück einen ziemlichen Humor entfalten Spielern, die sich Schumann'- Kinderscenen oder den Albumblättern Opus 124 gewachsen glauben, sei da- neueste Opus JuliuS Röntgen'S, d?S talentvollen SobneS unseres verdienstvollen Concertmeister- Herrn Röntgen, besten- empfohlen Moritz Vogel Vorträge des vr. Srrtnn i —r. Leipzig, 18 Januar Am gestrigen Abend eröffnet? Herr I)r.Brehm eine Reihe von Vorträgen über seine Reisen in Sibirien, die er al-Mit glied einer deutschen Erforschung--Expedition im vorigen Jahre unternommen batte. Leider war der Saal de- Gewandhauses nicht so gefüllt, wie e- im Interesse der Hochinterestanten Mittheilun gen, die in vollendeter Form gegeben wurden, wohl zu wünschen gewesen wäre. Wir glauben den Grund dieser Erscheinung nur in irgend einer Zufälligkeit suchen zu sollen und die Hoffnung aussprechen zu können, daß die übrigen Borträge sich weit zahlreicheren Zuspruch- zu erfreuen haben werden. '»Der Redner wieS in der Einleitung auf die großen Begünstigungen hin, welche die deutsche Expedition von Anfang ihre- Unternehmen- an zu erfahren hatte. Nachdem ihre Mitglieder in einer AbschiedSaudienz von dem deutschen Kaiser auf da- Huldvollste empfangen worden waren, wurde ihnen bei dem Reichskanzler und dem deutschen Botschafter in St Petersburg eine gleiche Aufnahme zu Theil Sie batten erwartet, daß man sie in Rußland gut ausnehmen werde, indessen die Wirklichkeit übertraf di« kühnsten Öffnungen. Sogar der Czar und die roßsürsten bewiesen da- lebhafteste Inter este an dem Vorhaben der Deutschen und diese traten, nnl den besten Empfehlungen ausgerüstet, die weite Reise an. BiS Nisckmei Nowgorod konnten die Derkebr-mitlel der Neuzeit benutzt werden. Bon da aber sollten die Reffenden er fahren. wie man im russischen Reiche reist. Sre betrachteten neugierig da- Ungethüm von Reffe- schlitten, besten ganze Bauart aber eine sehr solide war und der von iem bekannten russischen Drei gespann sortbeweat wurde. Die Reise begann auf der Ei-decke der Wolga. Bald trat jedoch Thau- wetter ein und begleitete fortan die Deutschen auf ihrer Reise. Dasselbe nahm in kurzer Zeit die Ei-bahn dermaßen mit, daß große unliebsame Umwege gemacht werden mußten. Die im Eise vorhandenen Löcher und sonstigen Unebenheiten machten die Reisenden derart besorgt, daß sie sich endlich der Landstraße zuwendeten. Wie war aber diese Straße beschaffen? Meter hoch log der Schnee auf ihr, überall bildeten sich liefe Waste,Pfützen. vier bis fünf Pferde wurden noch vorgespannt und trotzdem blieb der Schlitten noch oft stecken. Die Straße wurde zu einer wahren Seufzerstraße. Zu beiden Seiten lag da- Land öde und reizloS da, -auch in den Dörfern gab eS nickt viel zu sehen, die Menschen waren in ihren Blockhäusern eingepfercht. Die Post häuser waren von Bettlergestalten umlagert, welche äußerlich recht malerisch aussahen und sür jede ihnen gereichte Gabe, auch die geringste, nach russischer Art sich bekreuzten. Nack 4 Tagen und 4 Nächten ununterbrochener Fahrt wurde endlich Kasan erreicht. Diese Stadt verfehlt nicht, einen'qünstigen Eindruck zu machen. Man fühlt sich in ihr in da- Morgenland ver setzt Der Ruf zum Gebet ertönt, beturbante Männer bewegen sich umher in buntem Ge wimmel, eS giebt einen Bazar nach orientalischer Art und man erblickt verschleierte schöne schwarz äugige Frauen. Nur die vielen Kirchen wollen zu diesem morgenländischcn Bilde nickt Pasten. Nack zweitägiger Rast ging die Reise auf leichterem Schlitten und aus noch grund loseren Wegen weiter. Die Straße, welche von Em opa b,S weit nach Sibirien hinein zu beiden Seiten mit Birken bepflanzt ist, führte durch Wälder, durch theil- russische, tbeilS tatarische Dörfer Zwei mächtige Flüsse mußten passirt werden. Die Reisenden waren vor Perm ge- nöthigt, die Schlitten mit Wagen zu vertauschen Sie näherten sich dem Ural, einem sanft aufster genden Gebirge, und sie erreichten endlich die mächtige Säule, welche aus der einen Seite die Inschrift „Europa", auf der andern Seite die Bezeichnung „Asien" trägt. Sie waren demnach an der Grenze veS ErdtheileS angekommen. Nickt weit davon liegt daS hübsche Städtchen Iekatherinen- bürg; die Reisenden hätten hier gern länger ver weilt, da sie eine überaus gastliche Aufnahme fanden, indessen sie durften Da- nicht thun, da das EiS immer morscher wurde, welches ihnen auch ferncrhin noch häufig al- Brücke dienen sollte Der Empfang der Deutschen durch den Vertreter de- Generalstatthalter- von Sibirien, einen russischen General, war ein über alle Maßen herzlicher. Der Redner bemerkte, er könne nickt Worte genug finden, um seiner Anerkennung über die unbegrenzte russische Gastfreundschaft AuSorvck zu geben. Äkehrere Flüsse, aus denen Ei-gang herrschte, wurden mit Hülfe ergenthümlicker und geschickt», Vorrichtungen. welche die anwohnenden B wohner bewerknelligtcn, glücklich und ohne Zeitverlust überschritten. Am Tobol, der ebenfalls seinen Ei-gang batte, mußten die Reisenden indessen dre« Tage lang warten. Sie fanden glücklicherweise den Jrlisch noch ruhig und gelangten ohne weitere Hinderniste nach OmSk Die Weiterreise wurde nun reckt angenehm, da der Frühling seine Herrschaft angetreten batte und der Gouverneur von SemipalatinSk gleichfalls den Mitgliedern der Expedition eine gastfreundliche Ausnahme darbot. Der Gouverneur war bemüht, ihnen so viel als möglich von seinem Lande zu zeigen und sie machten in Folge besten die interessante Be kanntschaft mit den Kirgisen. EinbundertsechSzig Kilometer weit erstreckte sich der Au-flug in die Kiraffensteppe und hier trat ihnen die Frau kc- ra'si'chen Gouverneurs, welche vorau-geeilt war, in vor liebenswürdigsten Weise entgegen Sie batte nnen glänzenden Empfang vorbereitet Man fand Kirgisen von jedem Range mit ihren Renn pferden, Hunden, Steinadlern. 'Da- Stevpen- Volk war in der hei.ersten Feststemmung uno oaS Ganze bot ein überaus malerische- Bild Einer der Dichter de- Stamme- begeisterte sich zu einem Stegreifgedicht, welche- aus Wunsch de- Redner- durch die Vermittelung de- Gouverneur- zuerst in da- Russische und sodann in da- Deutsche übersetzt wurde. Redner brachte da- Product der Airgisenpoesie, welche- einen ganz eigenthümlicken Gedankengaug entwickelte, zum Angehör der Ver sammlung. Die Reisenden zogen weiter durch die im vollen Frühling-gewano prangende Land schaft nach Lepsa, einerKirgisenstadt an der chinesischen Grenze. Kirgisen spannten hierbei ihre Pferde vor die Wagen, Kirgisen folgten ihnen wie treue Hunde und sahen ihnen Alle- an den Augen ab. Lepsa gleicht einem kleinen ParadieS, ivo Milch und Honig fließt. Hier wären die Deutschen gern Monate lang geblieben, doch ihre Pflicht zog sie weiter fort und zwar nunmehr nach Norden der chinesischen Grenze entlang. In Bakti (?) fanden sie die Einladung de- ObermandarinS der benach barten chinesischen Gren-provin; zu einer Begeg nung vor und e- wurde der Einladung entsprochen. Der Enipsang durch den Vertreter de- himmlischen Re che- nar sehr würdevoll, die Unterhaltung bewegte sich m gemessenen Worten und eS wurde nicht viel gesprochen Nach dem Empfang wurden die Deutschen zu Tisch gebeten AlS sie den Speiseraum betraten, erblickten sie etwa 30 ge füllte Schüsseln; in einigen derselben befanden sich gedörrte Kameelschwänze, Früchte. Rer«, dünnge- scknitteneS Schweinefleisch. waS aber in den än deren Schüsseln gewesen, daS vermochte der Redner absolut nicht ai.zugel>en und er konn'e überhaupt an dem ganzen Mahl keinen Gefallen finden. Nach Tische wurden allerhand Merkwürdigkeiten den Reisenden gezeigt, die, so interessant immer hin die Begegnung mit den Chinesen war, dock gern sich von ihnen verabschiedeten. Der Redner schilderte nun weiter die Eindrücke, welche die Expedition aus der Fortsetzung rhrer Reise nach dem nördlichen Sibirien empfing, und kani hierbei auf die Verwüstunorn zu sprechen, welche sich die Dunganen, ein Mongolenstamm, zu Schulden batten kommen lasten. DieseS bar barische Volk hegt nur Respect vor den Rüsten und cS nahm der Redner bei d efer Gelegenheit Veranlassung. Rußland vor dem landläufigen Ver dacht zu bewahren. alS ob eS auS reiner Eroberungs sucht immer neue Länder in Asten seinen Grenzen einverleibe Im Gegentheil, die Rüsten wüßten reckt wobl. daß itr Land noch auf ein Jahrhundert hinaus noch nicht Menschen genug besitze, aber sie feien gezwungen, an ihren Grenzen sich gegen die räu berischen Horden Ruhe zu verschaffen, und nur deshalb erfolge die Einverleibung neuer Länder. Ergreifend war die Schilderung de- letzten TbeileS der Reise, welcher die Reisenden an die Küsten de- nördlichen Eismeeres brachte Geradezu entsetzlich sind hierbei die Strapazen gewesen, und eS ist zu verwundern, daß menschliche Ner ven denselben gewachsen sind. ES war ein ganz unbekanntes und unbewohntes Land, welche- die Expedition betrat. Die größte Unannehmlichkeit wurde durch die massenhaft schwärmenden Mücken herbeigesührt, von denen sich die Reisenden endlich willenlos zerstechen ließen. Sie stießen endlich auf zwei Rennlhierheerden, unter denen leider in fürchterlicher Weise der Milzbrand wüthete. Eine unheimliche Stimmung bemächtigte sich der Reisegesellschaft, die ostmal sich nicht satt essen kvnnte. Endlich wurde die Rückreise angetreten und ohne größere Gefabren bewerkstelligt. Herr vr Brehm bemerkte in seinen Schlußworten, daß ihn kein Verlangen erfülle, jemals wieder in den letztgevacbten Theil von Sibirien zurückzukehren. Schreberverem der Aüdvorftadt Auch in diesem Jahre hatte der südvorstädtiscbe Schreberverem eine Christ besckeerung ver anstaltet. So zogen denn am Abend deS t O. Januar von allen Seiten Scbaaren fröhlicher Kinder in Begleitung von Vätern und Müttern dem Tivoli zu ES mochten wohl an 600 sein. Knaben und Mädchen jede« Alter- und jedes mit seinem Päckchen, dem mitzubringenden Geschenk. Und die Hellen Kinderaugen glänzten vor Freude und Erwartung, noch ehe sie der herrlich ge schmückten Christöäume im großen, hell erleuchteten Saale ansichtig wurden. Endlich waren die ber- eindrängenbeu Schaaren geordnet, die voll sehn süchtiger Erwartung de- Augenblicke- entgegen- harrteu, da sie. paarweise geordnet, die Kleinsten voran, unter den Klängen der Musik den Saal betreten sollten, wo aus langen Tafeln die Geschenke ihrer warteten. DaS herrliche „Lobet den Herrn" von F G klauer. gesungen von einem auSerwählten Sänger chor. «Schülerinnen der 3. BezirkSschule unter Leitung ihre- Lehrer-, Herrn Wanck, ertönte jetzt von der Galerie herunter und stimmte die Gemüther der zahlreich Versammelten zu feierlicher Andacht. Der Vorsitzende de- Verein-, Herr Eduard Mangner, hielt hieraus eine schwungvolle, tief zu Herzen gehende Festrede, in der er die Bedeutung de- festes, den Zauber der deutschen Sitte, unter dem brennenden Christbaum Weihnacht zu feiern und die Bedeutung der Feier unsre- schönsten Kinder feste- für den Schreberverem, alS einen veutscbm Familienverein, in warm empfundenen Worten schilderte Rein und klar erklangen nun wieder die frischen Kindersiimmen: „zwei altböhmiscke WeibnacbkS- l.cdcr" von C. Riedel und „Weihnachten 1870" von E F Richter, worauf die Besckeerung begann Laut tönte der Jubel der fröhlichen Kinder. Da rief die Glocke de- „alten Gesell" noch einmal die Menge zu einer kurzen Ansprache bezüglich der vorzunebmenden Spiele zusammen, roch einmal erscholl Gesang rmter der tüchtigen Leitung deS Gesarg-meister- Wanck — Rochlich'S „T'"-ia!' — uad nun ließ eine längere Pause Ieoem Zeit, fest' Geschenk zu besichtigen und sich mit den Auge hörigen darüber zu freuen DaS fröhliche Treiben, da- eine halbe Stund- später begann, da- muß mit angesehen, da- kan: nicht geschildert werden! Jedem Kindersreunde mußte da- Herr im Leibelachen über solch' frische freie und doch stet- in den Schranken deS Wohl anstand- gehaltene Betbatigung jugendlicher Lust Geradezu bewunderungswürdig aber war die liebe volle hingehende Art der freundlichen Gruppen führerinnen, da- aufopfernde Bemühen der Herren die im Angeben allerlei lustigen GetbueS ker- Ende finden konnten, so daß auch da- Kleinste zu seinem Rechte kam. Nack Entleerung der Christbäume und Ver theilung ihre- Schmucke- erfreute noch der Erler'sch- Gesang Verein „Viola" die Festgen osten durch Vortrag zweier WechnacktSgesänge und hoch rollte: die Wogen ungezwungenen Treiben- von Iun. und Alt, bi- die Glocke de- Vorsitzenden in 12 Stunde den Schluß de- schönen, ohne irgendwelche: Mißklang verlaufenen Feste- verkündete Mög- der Südvorstädtiscke Schreberverem reckt viele solche Feste noch feiern! Verschiedenes. V Gera, 17. Januar Dank der mit allen Mitteln betriebenen Agitation von Seiten ver FortfcbritlSpa'tn ist also Herr Träger für unser Fürstenthum definitiv gewählt, — freilich mit nur 220 Stimmen absoluter Majorität Aus Herrn Prof. Dr. Birnbaum m Leipzig sind un Ganzen 3555 Stimmen gefallen. — immerhin cine sibr ansehnliche Minorität, Vreden Führern der hiesigen Fortschritt-Partei dock wohl zu denken geben dürfte. Im Uebrigen ist man Hob. daß eS nickt zu einer Stichwahl gr-kommei ist. Die nationalliberale Partei krnn nickt die selben Waffen in Anwendung bringen wie ihre Gegner, und so wäre denn vermutblich, da die vielen Arbeiter und Kleingewerbetreibenden mil geringen Ausnahmen in Gera auf Seiten der Fort'chnltSpcntei streben, doch aus kein günstigere- Resultat zu hoffen gewesen Mit der Zeit wird cS hoffentlich gelingen, auch hier die Wähler zu besseren, sür sie sicherlich nutzbringende,? An schauungen zu bekehren — Da- hiesige fürst liche Theater bat unter derTbeilnabmlosigkeu von Seiten de- Publ-cumS recht zu leiden. Und doch lhut die Direclron (Herr Direktor Sowave der zugleich da- Hoftheater iu Altenburg leitet^ ihr Möglichste-, um das Publicum zufrieden zu stellen. Aber nur die allsonnabendlich stattsindender Opernvorstellungcn erfreuen sich eineS etwa- zahl reicheren Besuche-; bei ScbauspielvorsteUungei wohnt in den „öden Räumen" gewöhnlich nur „Vas Grauen". — Auch hier mehren sich die bru talen Excesse auf den Straßen Sv randalirter. gestern Nachmittag zwei betrunkene Strolche in rohester Weise auf der Schloßskraße. deren einer nur mrt großer Mühe auf die Wache gebrach: werden konnte, während heute Nackt sich in der Weberstraße ähnliche Scenen abgespielt babcst: Ta d:e AuSbrücke solcher Robbeit stv nickt nu^ wiederholen, sondern sogar steigern, so »väre di- schärfste Abstrafung der jedesmaligen Excedentei dringend geboten. Bei derartigen Burschen wird mit Humanitären Redensarten Nickt- auSgerickte' . — am Besten bleiben immer die schlagenden Be weise all posterior» Aber freilich, dadurch könnten ja die Herren Strolche „entwürdigt" werden! — Bei der ReickStagSwahl in Barmer fand sich in einer Wahlurne ein Zettel vor. der folgendermaßen beschrieben war: „Nicht Schorlemer, nicht Haffelmann. Nicht Bürgers und nicht Prell Ich meine Stimme geben kann; Ich wähl' auf alle Fäll' Nur Solchen, der nicht feblcn kann: Das ist der Papst allein. Wenn er auch mat-l inat dann und wann Was schlauer könnte sein. Nehmt aber ibr den Papst nickt an. Dann wäbl' ich gar nicht. Biedermann."' — Archäologischer Fund. Die „IndSp belge" schreibt auS Pari-: Vor einigen Tage: brachten SchiffSleute, die oberhalb de- Pont- Royal da- Netz auSgeworfen hatten, auS dem Grunde der Seine eine unförmliche, von Sank und Muscheln umhüllte Masse heraus, die sie um einige Franc- an einen Antiquitätenhändler am Ouai Voltaire verkauften. Letzterer nahm m,: aufmerksamster Sorgfalt die kalkartige Umhüllung weg und entdeckte bald zu seinem größten Er staunen eine antike Schenkkanne vor. reinstem Stvl. DaS eiförmige Gefäß ist m,t prachtvollen Ciseluren geschmückt, die eine Rund« von Saturn darstellen, welche letztere am Haupte mit Weinlaub und Trauben geschmückt sind. Der Gott Pan eröffnet den Tanz bei Flötenspiel DaS schillernd regenbogige Metall gleicht keinem sonst bekannten. Der Kaufmann, ein gelehrter NumiSmatiker, ist überzeugt, einen wahren Sckw? zu besitzen, ein murrhinische- Gefäß, da- die Ge l.hrten auch mit dem Namen „Korinthische- Erz" bezeichnen und da-, nach Seneca, dem größter. Kunstliebhaber seiner Zeit, schon damals m r Gold ausgewogen wurde. Sechs Arten Metall, Gold, Silber, Kupfer, B!ei, Zinn uns Eisen, wurden hierzu in Verhältnissen ge mischt, die man noch nicht hat bestimmen können. Den triftigsten Muthmaßungen zufolge rüb, r dieser Schätz auS der Zeit her, wo Lutetia «Pari-) von den Legionen Cäsar'- und deS LabienuS eingenommen wurde; er hrt also über achtzehn Jahrhunderte rm. Schlamme der Seine gelegen.
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