Volltext Seite (XML)
320 Sechzehntes Kapitel. Stanley unterdessen drängte zum Abschluß. Er befahl den Ägyptern und Sansibarilen, sich für den nächsten Tag zur Über fahrt nach Sansibar bereit zu halten. Gar manche aber waren darunter, die nicht abreisen wollten, ohne von Emin Pascha auf seinem Schmerzenslager Abschied genommen zu haben. Allein nie mandem wurde ein Aufschub gewährt. In der Morgenfrühe des 6. Dezember begann die Einschiffung. Am Bette Emins saß Stanley zum letzten Lebewohl. „Nun, Pascha", sagte er, „Sie wollen hoffentlich nicht die Möglichkeit zu geben, daß Sie hier sterben könnten? Nicht wahr?" „O nein!" antwortete Emin. „So schlecht steht es nicht mit mir." Und leise, wie ablehnend, bewegte er den verbundenen Kopf. „Nach dem, was ich sehe, Pascha", sagte Stanley aufstehend, „bin ich ganz derselben Ansicht. Ein Mensch mit einem gebrochenen Schädel würde in dieser Weise den Kopf nicht bewegen können. Leben Sie wohl! vr. Parke wird bei Ihnen bleiben, bis Sie ihn entlassen. Ich hoffe jeden Tag gute Nachrichten von ihm zu erhalten." Sie reichten sich die Hand: das war der Abschied. Stanley ging, die Aufgabe, welche er sich gesetzt, zu vollenden; Emin blieb in Unruhe und Schmerzen zurück. Das Band, welches das Schick sal um sie beide geschürzt, löste sich: vielleicht wurde keinem von beiden die Trennung schwer. Gewiß anerkannte Emin in Stanley die das Ziel fest im Auge behaltende Ausdauer, den kühn wagenden Akut, gewiß Stanley in Emin die Selbstlosigkeit, den Geist, die wissenschaftliche Bedeutung; aber für die Gemütswärme, für den auf das Ideale gerichteten Sinn deö trefflichen Mannes fehlte ihm doch das tiefere Verständnis. Nur kongeniale Naturen würdigen sich recht. In Sansibar, kann man sagen, laufen alle Fäden des Verkehrs der ostafrikanischen Küste zusammen. Darum vermochte Stanley hier auch Tippu-Tib zu fassen, wenn der Scheich selbst auch fern am Lualaba weilte. Stattlich baut sich die Inselstadt an der dem Festlande zuge kehrten Seite des schönen Eilandes auf. Frei hinter dem breiten Strande erheben sich in langer Reihe würfelförmige, massive Bau werke über das grüne Gestade, alle weiß angestrichen, in ihrer Höhe wenig verschieden. Das ist Schangani, das Araberviertel, wo am Strande entlang die europäischen Konsulate und Handelshäuser ihren Sitz haben. Dstwärts bildet eine flache Lagune die Grenze von