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Am Ruwenzori. 255 Wie eine schwarze, feierliche Masse, deren Gipfel bis in den wolkenlosen, grauen Himmel hineinzureichen scheinen, liegt beim Morgengrauen der Ruwenzori über dem Thale. Indes sobald der rasch herankommende Tag im Osten das Grau in Gold verwandelt, werden oben schwache, weiße Wolkenbänke sichtbar, während gleich zeitig an dem Fuße des Gebirges entlang eine sich stetig erhebende lange Linie vliesartigen Nebels erscheint. 2m nächsten Augenblicke wird dieser von den offenen Thälern und Spalten in den Abhängen angezogen, wo er durch den nach oben führenden Zug in rollenden Massen am Gehänge der gewundenen Felsmauern entlang aufwärts steigt und beständig an Dichtigkeit und Zusammenhang gewinnt, ob wohl die Massen jeden Augenblick ihre Form verändern. Nach rechts und links schweben abgctrennte Teile, welche die vereinzelten zerstreuten Nebel anziehen, die einer nach dem andern aus den tiefen Abgründen der Spalten emporsteigen. Dann treten sie, zu einer langen schwankenden Linie vereinigt und die Schultern der Legionen von Spitzen einhüllend, aus jeder Öffnung des Abhanges hervor und gruppieren sich in geordneter Weise, als ob sie die Absicht hätten, sich hoch oben um die ungeheuere weiße Kette zu sammeln. Wenn der jetzt dichte, tiefe Nebel die Luftbewegung in der größern Höhe zu spüren beginnt, wird seine Bewegung rascher, er nimmt plötzlich neue Formen an, aus den obern Schluchten dringt eine Schar ruheloser, rollender, weißer Compagnien hervor und schließt sich der Hauptlinie an, deren Vorhut kühn aufwärts dringt. Wenn die Sonne erst eine Viertelstunde über dem östlichen Horizonte steht, die in den Schneebergen auf den hohen Bergspitzen verborgenen Schönheiten zu enthüllen beginnt und die Umrisse und Kronen mit reichen Regenbogenfarben umspielt, dann hat der Nebel, der jetzt dick und breit ist, gleichsam unmerklich mit seinen zahlreichen kühnen Vorposten sich dem Schnee genähert, mit dem er in blen dender Weiße wetteifert; im nächsten Augenblicke erhellt seine Front das klare Sonnenlicht, aber er besiegt dessen goldige Farbe und breitet sich im Triumph über den Schnee und die purpurnen Spitzen der Kette aus. Wenn aber Minute auf Minute dem Nebel neue Massen zuführt, das gärende Semliki-Thal mit unerschöpflicher Kraft eine Armee nach der andern emporsendet und diese eilig sich den obern Reihen anschließen, die bewegungslos an den Abhängen lagern und um jeden stolzen Gipfel hängen, dann verliert der Nebel seine Schönheit und sein glänzendes Kolorit und nimmt eine bleierne