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100 Sechstes Kapitel. Stundenlang saß er dann im Schatten einiger hoher Bäume, lesend und träumend, in seinem Lehnsessel und sah den Mais täglich mehr der Sichel entgegenreifen, und damit auch die Zeit zur Rückkehr nach dem Njansa herannahen. Indessen unliebsame Gäste stellten nachts in den reifenden Korn feldern sich ein. Es waren die Zwerge, welche, ohne zu säen, doch zu ernten gedachten. Wiederholt schon war die Expedition im Ur- walde auf verlassene Zwergenlager gestoßen; jetzt machte sie die ge nauere Bekanntschaft der kleinen Unholde. Uledi nahm auf einem Streifzuge eine Königin von ihnen gefangen, und etwas später fing der Sergeant „Drei Uhr" gar vier Weiber und einen Knaben. Die Hautfarbe der Zwerge war hell, etwa wie ein halb gebrannter roter Ziegelstein. Sie besaßen große, runde, etwas vorstehende Augen, breite, runde Stirn und rundes Gesicht, vor stehende Kinnladen, kleine Hände und Füße, eine wohlgeformte, wenn auch kleine Gestalt. Ihre Größe wechselte von 0,s bis 1,« m; ihr Gewicht betrug bis zu 40 Kg. Die Lippen waren blaßrot von Farbe, die Oberlippe in der Mitte steil nach oben geschwungen. Die Finger waren zierlich und lang, jedoch mager und runzlig. Von ihren Nachbarn werden sie Wambutti genannt. Sehr verschieden von den übrigen Gefangenen war indessen ein Weib, eine Batua, welche deutlich zu dem Akka-Stamme der Zwerge gehörte. Sie hatte schlaue, tiefliegende, nahe zusammenstehende Affen augen, über das Kinn hängende Lippen, schmalen Brustkasten, hän gende Schultern, lange Arme, stark einwärts gebogene Füße und sehr kurze Unterschenkel, sodaß sie einen entarteten, fast tierischen Eindruck machte, der sie tief unter die wohlgebildeten Gestalten der Wambutti stellte. Die Batua haben überhaupt längliche Köpfe, lange, schmale Gesichter und rötliche, dicht zusammenstehende Augen; sie sehen mürrisch aus, während die Wambutti, zu denen auch die Zwergin im Lager Ugarrowwas gehörte, etwas Offenes in ihrem Gesichts ausdrucke haben, das für sie einnimmt. Unter den Stämmen der waldbewohnenden Balefse zerstreut, leben die Wambutti hauptsächlich zwischen den Flüssen Jturi und Ngaiju, während die Batua und Akka weiter nördlich sich finden. Die Zwerge sind Nomaden, ihre Heimat der ungelichtete Ur wald; sie ernähren sich von dem Wilde, das sie sehr geschickt zu fangen verstehen. Sie schlagen ihre Dorflager in einer Entfernung von 3—5 um die Siedelungen der ackerbauenden Balefse auf.