76 Gefahr der Vergiftung. malerischen Lage schrecklichsten aller Missionen des Ori- noco, berüchtigt durch die Bösartigkeit und Menge ihrer Stechfliegen und darum Verbannungs- und Strafort für mißliebige Mönche, verweilten die Reisenden einige Tage. Hier lernten sie das furchtbare Curaregift und seine Be reitung kennen, dessen sich die Indianer zur Vergiftung ihrer Pfeile für die Zwecke des Krieges und der Jagd bedienen. Versuche, die Humboldt damit anstellte, wur den beinahe die Veranlassung, daß er selbst auf der Rück fahrt diesem schrecklichen Gifte zum Opfer fiel. Das in einem schlecht verschlossenen Gefäße mitgenommene Curare war in Folge der Feuchtigkeit flüssig geworden und in die Wäsche gelaufen. Beim Waschen hatte man ver gessen, einen Strumpf auch innen zu untersuchen, und Humboldt bemerkte erst beim Anziehen, daß er voll Curare war. Die Gefahr war um so größer, als Humboldt gerade an den Zehen blutete, weil ihm Saudflöhe schlecht ausgegrabeu waren. Im Zustande völliger Ermattung und wenig erheitert durch die wilde Umgebung fuhren sie den Orinoco hinab. Aber ihre Schwäche hinderte sie nicht, unablässig zu beobachten und zu sammeln. Berge und Ströme, Thiere und Pflanzen beschäftigten ihre Aufmerksamkeit, vor Allem aber der Mensch dieser Wildniß mit seinen seltsamen Sitten. Hier fanden sie die erdeessenden Ottomaken, die es zugleich liebten, sich durch das Schnupfen des aus den Hülsen einer Mimosenpflanze bereiteten Niopo- pulvers gelegentlich in Trunkenheit und Wahnsinn zu versetzen. Hier fanden sie sogar, was sonst dieser Wild niß so gänzlich abgeht, historische Erinnerungen. In schriften und rohe Sculpturen an den Uferfelsen, Todten- hügel und mit Gebeinen erfüllte Höhlen erinnerten sie.