Die Cataracten des Orinoco. 71 quer darüber hinweg, und zwischen diesen Felsdämmen ist der Orinoco mit Inseln und Klippen erfüllt. Diese Inseln, die den Fluß in zahlreiche reißende Betten zer fallen, in denen das Wasser sich kochend an den Felsen bricht, sind förmlich mit Palmen mit federbuschartigem Laub bewachsen, ein Palmendickicht mitten auf der schäu menden Wasserfläche. An einer Stelle scheint der Strom zum großen Theil trocken zu liegen. Granitblöcke sind auf einander gehäuft, wie in den Moränen, welche die Gletscher der Schweiz vor sich her schieben. Ueberall stürzt sich der Fluß in die Höhlen hinab, und in einer dieser Höhlen hörten die Reisenden das Wasser zugleich über ihren Köpfen und unter den Füßen rauschen. Man muß staunen über das wenige Wasser, das man im Flußbett sieht, über die Menge der Wasserstürze, die sich unter dem Boden verlieren, über den Donner der Wasser, die sich schäumend an den Felsen brechen. „Um diese wilde Landschaft in ihrer ganzen Groß artigkeit mit einem Blicke zu umfassen", sagt Humboldt, dem der Eindruck dieser Cataracten später durch keinen andern, selbst nicht durch den Anblick der Cordilleren und der schönen Thäler von Mexico verwischt werden konnte, „muß man sich auf den Hügel Manimi stellen, einem Granitgrat, der nördlich von der Missionskirche aus der Savanne aufsteigt. Hat man den Gipfel des Felsen erreicht, so liegt auf einmal, eine Meile weit, eine Schaumfläche vor Einem da, aus der ungeheure Steinmassen eisenschwarz aufragen. Die einen sind ab gerundete Massen, Basalthügeln ähnlich; andere gleichen Thürmen, Kastellen, zerfallenen Gebäuden. Ihre düstre Färbung hebt sich scharf vom Silberglanze des Wasser schaums ab. Jeder Fels, jede Insel ist mit Gruppen kräf-