70 Wunderbare Pracht der Natur. wurden. Am Vvrdertheil saßen die völlig nackten indiani schen Ruderer, die ihre Arbeit mit einem trübseligen, eintönigen Gesang begleiteten. Theils am Blätterdach, theils am Vvrdertheil waren Käfige mit Vögeln und Affen, die Menagerie der Reisenden, aufgehängt. Für die getrockneten Pflanzen, Koffer und Instrumente blieb kein anderer Raum als unter jenem Geflecht von Baum zweigen, auf dem die Reisenden den größten Theil des Tages über ausgestreckt liegen mußten. Wollte man also etwas aus dem Koffer holen oder ein Instrument ge brauchen, so mußte erst ans Land gefahren und ausge stiegen werden. Zu diesen Unbequemlichkeiten kam noch die Plage der Mosquitos, die unter dem niedrigen Dache in Schaaren hausten, und die Hitze, welche die der Son- nengluth ausgesetzten Palmenblätter ausstrahlten. Es gehörte in der That viel natürliche Heiterkeit, gegen seitiges Wohlwollen und ein lebhaftes Gefühl für die Pracht der Natur dazu, um solche Beschwerden zu er tragen. Aber die Natur war hier auch wunderbar schön und großartig, besonders als man zu den Stromschnellen oder Cataracten des Orinoco kam, und Niemand war be fähigter, diese Schönheit zu empfinden, als Humholdt, in dessen Seele, wie schon Förster im Kölner Dom be merkt hatte, sich so lebendig die Außenwelt wiederspiegelte. Auch wer die Alpen und Pyrenäen oder selbst die Cor- dilleren kennt, so viel berufen wegen der Zerrissenheit des Bodens und der Spuren der Zerstörung, denen man bei jedem Schritte begegnet, vermöchte nach einer bloßen Beschreibung sich vom Zustande des Strombetts hier nur schwer eine Vorstellung zu machen. Auf einer Strecke von mehr als ö Seemeilen laufen unzählige Felsdämme