Nächte im Urwald. 67 und Glück uralte, ehrwürdige Überlieferungen allen Völ kern vor Augen stellen. Beobachtet man aber das gegen seitige Verhalten der Thiere genau, so zeigt es sich, daß sie einander fürchten und meiden. Das goldene Zeitalter ist vorbei, und in diesem Paradies der amerikanischen Wälder, wie aller Orten, hat lange, traurige Erfahrung alle Geschöpfe gelehrt, daß Sanftmuth und Stärke selten beisammen sind." Wie wenig das Paradies noch vor handen, zeigte sich besonders in der Nacht. Wenn die Reisenden am Ufer in ihren Hängematten ruhten, von den Crocodilen umlagert, die der Schein des Feuers herbeigelockt hatte, dann erhob sich allmählich im nahen Walde ein so furchtbarer Lärm, daß man beinahe kein Auge schließen konnte. Die Ursache dieses Lärms ist wohl ein Kampf, der sich irgendwo im Walde entspannen hat. Die Jaguars haben ihre Jagd auf Bisamschweine und Tapirs begonnen, die nun in gedrängten Rudeln fliehend das Gebüsch vor ihnen niederreißen. Die Affen, von dieser Jagd erschreckt, beantworten von den Bäumen herab das Geschrei der großen Thiere. Sie wecken die gesellig lebenden Vögel auf, und nicht lange, so ist die ganze Menagerie in Aufruhr. Es waren eben keine erquickenden Nächte, diese Nächte im Urwald. Mit dem Eintritt in den Orinoco, der am 5. April erreicht wurde, begann eine völlig mue Landschaft. So Weit das Auge reichte, dehnte sich eine ungeheure Wasser fläche aus. Das durchdringende Geschrei der Reiher, Flamingos und Löffelgänse, wenn sie in langen Schwär men von einem Ufer zum andern ziehen, erfüllte nicht mehr die Luft. Die ganze Natur schien weniger belebt. Kaum bemerkte man in den Buchten hie und da ein großes Crocodil, das mittelst seines langen Schwanzes