Volltext Seite (XML)
Ein milchliefernder Baum. 61 reicher Grundbesitzer, der Graf Tovar, im edlen Streben, die Negersclaverei allmälig auszurottcn, alles Land, das er nicht selber urbar machen konnte, gegen einen niedrigen Pachtzins unter arme Leute vertheilt, die Baumwolle bauen wollten. Im klebrigen hatte im Spanischen Ame rika in den Augen des Volkes das Gold, das man aus dem Schooße der Erde gräbt, einen höheren Reiz, als das Gold, das der Fleiß des Landmannes auf einem fruchtbaren, von mildem Klima gesegneten Boden erntet. Fast jeder von Europäern bewohnte, im Urgebirge lie gende Ort hatte sein „Goldbergwerk", wenn auch oft nur in der Einbildung. Im Tuy-Thale sollte Humboldt durchaus ein solches Goldbergwerk untersuchen; aber an der Stelle, wo vor 20 Jahren Goldwäscher gearbeitet hatten, wuchsen bereits große Bäume, und an eine Unter suchung war nicht zu denken. Unter allen den merkwürdigen Bäumen, denen Hum boldt in dieser herrlichen Gebirgslandschaft begegnete, war keiner, der einen so tiefen Eindruck auf ihn machte, nicht bloß als Naturforscher, sondern auch in seinen menschlichen Empfindungen, als der dieser Kiistencordillere eigenthüm- liche „Knhbanm". Wenn wir uns nicht vorstellen können, wie das Menschengeschlecht jemals ohne Stärkemehl und ohne den nährenden Saft in der Mutterbrust, der auf den langen Schwächezustand des Kindes berechnet ist, bestehen könnte, so wissen wir, daß das Stärkemehl in den Samen und Wurzeln der Gewächse vorkommt, wäh rend uns die Milch als ein ausschließliches Produkt der thiertsche» Organisation erscheint. Diesen Eindruck haben wir von Kindheit auf. „Was uns daher hier so ge waltig ergreift," sagt Humboldt, ,,sind nicht prachtvolle Wälderschatten, majestätisch dahin ziehende Ströme, von