60 Die große Reise zum Orinoco wird angetreten. Teyde, auf eine unabsehbare Landschaft hinab, so reich, so ursprünglich, daß der Mensch hier nicht mehr als Mittelpunkt der Schöpfung erschien, daß sie es kaum be dauerten, daß kein Bild vergangener Zeiten dieser Einöde höheren Reiz verlieh. Nach einem zweimonatlichen Aufenthalt in Caracas brachen unsere Freunde am 7. Februar aus, um ihre große Reise in das Gebiet des Orinoco anzulreten, deren Hauptzweck war, den oberen Lauf dieses Flusses und seine vermuthele Verbindung mit dem Rio Negro und dem Amazonenstrom' zu erforschen. Reisende, die sich mit der Gestaltung unv den natürlichen Schätzen des Bodens bekannt machen wollen, können sich nicht nach den Entfernungen, sondern nur nach dem Interesse richten, das die zu bereisenden Länder bieten. Darum schlugen auch Humboldt und Bonpland nicht den nächsten Weg zum Orinoco ein, sondern wandten sich zunächst den schönen Bergen von San Pedro und Los Teques, den warmen Quellen von Mariara und den fruchtbaren Ufern des Sees von Valencia zu, um nach einem kurzen Besuche in Porto Cabello au der Küste über die end losen Steppen von Calabozo nach Sau Fernando am Apure, dem Nebenfluß deS Orinoco, zu gelangen. In der herrlichen Landschaft von Valencia, wo neben dem Weizen Zuckerrohr und Taback, Baumwolle und Cacao gedeihen, wandte sich Humboldt's Aufmerksamkeit be sonders der Landwirthschast zu. Ueberall begegnete er den traurigen Wirkungen der Sclaveuarbeit, und er war aus das Angenehmste überrascht, als er in dem Thale von Araguay eine freie Bevölkerung fand, die fleißig, an Arbeit gewöhnt und zu arm war, um Sclaveuarbeit in Anspruch nehmen zu können. Hier hatte überdies ein