150 Die Flecken schwinden vor der Größe des Heros. wollte gerade ihm das verargen! Keiner hat unter dem Unheil jener Zeit so unmittelbar und so tief gelitten, wie er. Die herrschenden Junker haßten ihn und ließen ihn das empfinden; am Hofe erfuhr er oft die geringschätzigste Behandlung; sein Einfluß beim Könige war in Nichts zusammengeschmolzen. Uin dem Pensionsgesuch einer Witwe Erfolg zu verschaffen, mußte ein Humboldt die Unterschrift Stahl's nachsuchen! „Es ist für mich eine trübe, schwere Abendluft", so mußte ein Humboldt sprechen, auf dem Gipfel der Ehren, in der Fülle des Ruhms! Und doch war es nicht die Empfindung persön lichen Leidens, sondern der Schmerz über das Unglück und die Schmach seines Vaterlandes, der ihm diese schwermüthigen Worte entpreßte. Welcher Gelehrte kann sich rühmen, bis an sein Lebensende neben seiner Wissen schaft einen so weiten Raum in seinem Herzen dem Vaterlande und seiner politischen Zukunft gewahrt zu haben! Im Laufe der Zeit werden noch manche Briefe Hum- boldk's an die Oeffentlichkeit kommen, und sie werden neues Licht verbreiten über schöne und liebenswürdige Züge seines Charakters, aber auch über manche Mensch lichkeiten und Flecken. Wenn aber einst eine Meisterhand diese vereinzelten Stücke wird gesammelt und zusammen gefügt haben zu einem großen plastischen Kunstwerk, dann werden die Flecken schwinden vor der unendlich er habenen und heiteren Größe dieses Heros der Wissen schaft. An dieser reinen Größe wollen wir uns erfreuen und erheben an dem Tage, der ein Festtag für alle Völker der Erde sein soll, die von der Sonne dieses Jahrhunderts erleuchtet wurden, an dem hundertjährigen Geburtstage unsers Alexander von Humboldt!