140 Mückenstiche der Berühmtheit. der sein Leben dem beschwerlichen Dienste der Wissen schaft gewidmet hatte, nie beklagt worden. Aber peinlich wurden ihm die kleinen Leiden, die Mückenstiche, wie er sie nannte, die ihm seine Berühmtheit eintrug, und die er in seiner angebornen Milde und Höflichkeit nicht ab zuwehren vermochte. Was wurde nicht Alles- von dem berühmten Manne verlangt? Mit welchen Briefen, Zu sendungen, Anfragen wurde er überschüttet? Was sollte er nicht Alles empfehlen und loben? Die Zahl der Briefe, die er jährlich empfing, war in der letzten Zeit auf nahezu 2000 gestiegen, und keinen dieser Briefe ließ er gern un beantwortet, und alle Antworten schrieb er selbst, da er die „gletscherartige Nüchternheit diktirter Briefe" haßte, und zwar schrieb er sie, wie er es sich von seinen Reisen her angewöhnt hatte, stets auf dem Knie. Im Jahre 1857 machten die Zeitungen auf diesen Mißbrauch auf merksam, der mit dem größten Manne des Jahrhunderts getrieben werde. Man wies darauf hin, wie auf eine unwürdige Weise zu eigennützigen Zwecken dem edlen Manne oft Briefe entlockt würden, wie mancher Verleger bei Veranschlagung der Aussichten für sein neues Geschäft den Brief von Humboldt in Rechnung ziehe, der wohl zu haben sein werde, wie mancher angehende Gelehrte den Werth seiner Arbeit durch das abgedruckte Zeugniß steigere, daß Humboldt sich für dieselbe interessirt habe, und wie so ein Name des herrlichsten Klanges zum Aus hängeschilde entwürdigt, ja in Gefahr gebracht werde, zum Gemeinplatz zu werden. Erst wenige Wochen vor seinem Tode konnte sich Humboldt selbst entschließen, öffentlich an seine Freunde in beiden Continenten die Aufforderung zu richten, daß sie dahin wirken möchten, daß man sein Haus nicht als ein Adreßcomptoir benutze.