Wie Humboldt über Erziehung dachte. IM Wissen harmonische Herzens- und Charakterbildung zu erzielen, ist ihm Aufgabe der Schule. Aber diese Art der Bildung, sagt er — es handelt sich besonders um Gymnasien — könnte man, wenn man ein etwas un edleres Bild gebrauchen wollte, mit dem Nudeln der Gänse vergleichen. Es setzt sich bloß Fett an, aber kein gesundes Fleisch. An Wachsthnm ist nicht zu denken. Eine mit sich abgeschlossene Selbstzufriedenheit, ein nase weises Aburtheilcn über Alles, das sind in Folge davon Hauptzüge unserer Jugend. Alle geistige Frische geht verloren. Die jugendlichen Geister sind jetzt die Knospen, die man in heißem Wasser abgebrüht hat, es fehlt ihnen alle Keim- und Triebkraft, die ihnen ja in dem brodeln den Hexenkessel moderner Erziehungsknnst verloren ge gangen. „Die alte Schulmethode," sagt er, „mag auch ihre Fehler gehabt haben, aber sie war naturhafler, sie machte eine selbstständige Entwicklung des Geisles mög lich. Ich war 18 Jahre alt und wußte noch so gut wie gar nichts. Meine Lehrer glaubten auch nicht, daß es viel mit mir werden würde, und es hat ja doch noch so gut gethan. Wäre ich der jetzigen Schulbildung in die Hände gefallen, so wäre ich leiblich und geistig zu Grunde gegangen." So sprach Humboldt vor 14 Jahren, und wer weiß, ob er heute anders sprechen würde! Wenn sich Humboldt selbst, des Schaffens nicht müde werdend, keine Ruhe gönnte, so daß der treue Diener ihn oft noch in später Nachtstunde am Arbeitstisch fand und fast gewaltsam in's Bett bringen mußte, so ließ ihm die Welt noch weniger Ruhe. Daß man in großen und wichtigen Angelegenheiten in der neuen wie in der alten Welt vertrauensvoll sein Urtheil anrief und seine Ver mittelung nachsuchte, ist begreiflich und von Humboldt,