Ein Werk für bedrängte Gemüther. 99 des Vaterlandes und der Freiheit den Verzweifelnden hinüberführte in eine wilde, aber freie Natur und an den großen Naturgesetzen seine sinkende Hoffnung wieder empor richtete. So versteht man ihn, wenn er in seinem Vorwort sagt: „Bedrängten Gemüthern sind diese Blätter vorzugsweise gewidmet. Wer sich heraus ge rettet aus der stürmischen Lebenswelle, folgt mir gern in das Dickicht der Wälder, durch die unabsehbare Steppe und auf den hohen Rücken der Andeskette. Zu ihm spricht der weltrichtende Chor: Auf den Bergen ist Freiheit, der Hauch der Grüfte Steigt nicht hinauf in die reinen Lüfte; Die Welt ist vollkommen überall, Wo der Mensch nicht hinkommt mit seiner Qual." Es kann Verwunderung erregen, daß Humboldt, der sich doch im Jahre 1805 so schwer und nur von der Sehnsucht gezogen, den geliebten Bruder wieder zu sehen, von Paris und seinen Reiseschätzen und Arbeiten hatte trennen können, jetzt fast zwei volle Jahre in Berlin ver weilte. Was ihn dort festhielt, war das Unglück des Vaterlandes. Als es galt, den kleinen Rest des preu ßischen Staates, der aus dem allgemeinen Sturze ge rettet war, wieder aufznbauen, da wollte auch er seine Dienste nicht versagen. Wie hoch man diese Dienste anschlug, beweist der Auftrag, den man ihm im Spät herbst des Jahres 1807 ertheille. Die furchtbaren Con- tributionen, welche Napoleon im Friedensvertrage ausbe dungen hatte, und die zahlreichen französischen Truppen, die bis zu ihrer erfolgten Zahlung vom Lande ernährt werden mußten, erdrückten das arme, im innersten Mark erschütterte Land. Um eine Erleichterung zu erlangen, sollte Prinz Wilhelm, der Bruder des Königs, selbst