12 Friedrich Wilhelm Unger. geschrieben werden. Bekanntlich ist an den florentinischen Pa lästen des 15. Jahrhunderts dieselbe Methode befolgt, und bis auf den heutigen Tag wird auf gleiche Weise „al rustico“, wenn auch in weniger kolossalen Verhältnissen, gebauet. Wir haben alle Ursache, anzunehmen, dass der grösste Theil jener Substructionen zu den von Josepbus beschriebenen Erwei terungen der salomonischen Befestigung gehört, die allmälig mit grossen Kosten ausgeführt wurden, und ihre letzte Gestalt be dem Tempelbau Herodes des Grossen erhielten. Die gewöhn liche Ansicht vindicirt den ganzen Umfang des Haram für die sen Herodianischen Bau. Nach Josephus bedeckte derselbe je doch nur einen Kaum von 1 Stadium oder 600 Fuss Länge und Breite, also eine Fläche von 7 * 1 j 2 Morgen oder den vierten Theil der Haram-Fläche, denn die Annahme verschiedener Sta dien von ungleicher Länge beruht lediglich auf den völlig ver fehlten Theorien französischer Mathematiker, welche die ersten unvollkommenen Versuche einer Gradmessung mit unserer Kennt- niss der Erdkugel in Uebereinstimmung bringen wollten ] ). Die meisten neuern Topographen haben sich begnügt, die Maassbe stimmungen des sonst so genau beschreibenden Josephus für oberflächlich und unzuverlässlich zu erklären. Nur Wenige, vor Allen Fergusson, lassen dem Josephus auch in dieser Beziehung Gerechtigkeit widerfahren. Er beschränkt den Tempelraum auf den südwestlichen Theil des Haram; neuerdings will dagegen Unruh 2 ) denselben auf die weiter nördlich gelegene Terrasse verlegen. Fergusson, dessen Auseinandersetzung dem letztem unbekannt geblieben ist, geht von der Voraussetzung aus, dass die südwestliche Ecke der Harams-Mauer als die einzige recht winklige allein darauf Anspruch habe, eine Ecke des herodiani schen Baues zu sein, und er hat das architektonische Detail der südlichen und südwestlichen Mauer als Grundlage zu einer Re stauration benutzt, welche so gut mit der Beschreibung des Jo- stor. Kreis-Vereins im Reg.-Bezirke von Schwaben und Neuburg für 1857), S. 22 und die Abbildung auf S. 25. 1) Lorenz Posch, Geschichte und System der Breitengradmessungen, Freising 1860, S. 87 — 94. Friedr. Hultsch griechische und römische Metrologie, Berlin 1862, S. 39—58. 2) Gustav Unruh, das alte Jerusalem und seine Bauwerke, Lan gensalza 1861.