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Die Sehahsewenzen. 419 reiches Manuscript zuzusenden, welches dieses Volk schildert. Indem ich seinen Mittheilungen möglichst treu folge, glaube ich im Nachstehenden dem Leser ein anschauliches Bild von der zeit weiligen Bevölkerung dieses Theiles der russischen Grenze zu gehen. Leider ist dasselbe nicht erfreulich. Ungefähr vor drei Jahrhunderten erschien am Hofe des da mals in Persien regierenden Schah-Abbas des Grossen ein ge wisser Junsur-Pascha aus der asiatischen Türkei und erklärte, er wolle sich mit dem ganzen ihm untergeordneten Nomadenstamme in Persien niederlassen, weshalb er den Schah bitte, ihm dazu die Erlaubniss zu geben und auch den Befehl zu ertheilen, dass den Einwanderern die gehörigen Orte für ihre Winter- und Sommerweiden bestimmt werden möchten. Schah-Abbas nahm den Vorschlag des Junsur-Pascha gnädig auf und gab seinen neuen Unterthanen den Namen Schah-sewen 1 d. h. „die den Schah Liebenden, den Schah Wünschenden“; ihrem Häuptlinge aber überliess er es selbst, die Sommer- und Winterweiden zu wählen, wo es ihm am besten erschiene. Nach langem Suchen und Her umziehen fiel die Wahl des Junsur-Pascha auf die Provinz Arde- bil, welche damals in folgenden Grenzen gelegen war: Von dem Orte Astara am Südwestufer des Caspi das Astaraflüsschen auf wärts über den Schindan-Kala, Agewlar, das Wasserscheidegebirge Bogrow-dagh, Nowrüs-göl, Bojun-Jegun, Chalchal-setty, Gaschim- tschichinas, Karavanscrai Schah-Abbas, über Kisil-dagh mit den heissen Mineralquellen von Schah-Pil und Mowlja; weiter im Gebiete von Kaschka-mesche am Endpunkte des Sawalaugebirgcs und der Grenze der Karadasha-dagh-Provinz entlang; weiter am See Mazinin-göl, Sa'in-gedyk, Meinanin-dagh, Jusüm-dil, Mesch- kember, Lerdshan, Kelekber, Bersenkin und die Festung Aslan- dus, im Norden Araxes und Kura bis zur Mündung derselben in den Caspi. In diesem Gebiet also siedelte sich Junsur-Pascha mit seinem ganzen Stamme, bestehend aus 3300 Kibitken (Zelten), an. Im Sommer wohnten sie auf dem Sawalangebirge, im obern und untern meschkinschen Magal, zu Beginn des Winters aber wan- 1 Man hört auch Schachsewen und seltener Schachsewanen. Das Wort sewen ist türkischer Abstammung und kommt von sewtek, lieben.