Wirth und Wohnung in Lyrik. 397 war, betraten wir ein Plateau, auf welchem das erste Ziel meiner Reise, das Dorf Lyrik, gelegen und das wir auch bald erreichten. Der Ortsvorsteher war vorher schon von meiner An kunft durch einen seiner Brüder unterrichtet. Diesen hatten wir im Walde angetroffen, wo er die der ganzen Familie gemeinschaftlich gehörende Heerde hütete. Wir fanden des halb bei unserer Ankunft die Leute bereits mit dem Aus räumen und dem nothdürftigen Herrichten einer Art fin- stern Gemachs beschäftigt, welches als einzigen Licht- und Luftzugang eine schmale mit einer rohen Breterthür nur schlecht zu schliessende Oeffnung hatte, die auf den Hof mündete. Nach der andern Seite zu befand sich ein fest verrammeltes kleines Fensterchen und als ich nach der Ur sache dieser Massregel fragte, erfuhr ich, dass ich mich an einem Orte befände, in welchem Vorsicht nach jeder Rich- tuno - hin nur anzurathen sei. Einer traut hier dem andern nicht. Erst vor kurzer Zeit waren Diebe durch das be sagte Fensterchen eingebrochen und hatten hier aufgeräumt. Bei einer andern Gelegenheit wurde in ebendiesem Raume der damalige Ortsvorsteher, der ältere Bruder des jetzigen, aus Rache wie es scheint erschlagen und ein jüngerer Bruder, der ihm zu Hilfe kam, lebensgefährlich verletzt. Mein biederer Wirth und gegenwärtiges Dorfoberhaupt Maschadi-Mamali, Maschadi Husein-ogli, lebte deshalb in beständiger Angst und Sorge um sein Leben, denn er war sich bewusst, dass, wenn der Schuldige, dessen Process eben verhandelt wurde und dem gegenüber er der Ankläger war, frei käme, oder nur für eine kürzere Zeit verurtheilt würde, es um ihn selbst schlecht bestellt sei. Er befragte mich unzählige male um meine Ansicht über den wahrschein lichen Ausgang dieser Angelegenheit, und dann konnte ich ihm keine grössere Freude machen, als wenn ich ihn ver sicherte, sein Feind werde mindestens nach Sibirien ge-