302 Neunter Abschnitt. lieh vom Wildschweine leben. Der Königstiger, vor zwanzig Jahren noch recht häufig (ich erhielt damals im Verlaufe von zwei Monaten drei gute, frische Felle und sah wol noch ein halbes Dutzend schlechtere), ist gegenwärtig schon selten ge worden. Trotz der vielen Aufträge, die ich 1879—80 gab, wurde mir kein Exemplar gebracht. Verbürgten Nachrichten zufolge haben sich 1884—85 im Winter wieder zwei Tiger bei den heissen Quellen von Lenkoran eingefunden. Schon in Gilan, bei Astara, ist der Tiger nicht selten. Das Winter haar ist am Thiere hier zwar bedeutend länger als das glatte, straffe Sommerhaar, lässt sich aber keineswegs dem förmlichen Pelze der südsibirischen Tiger vergleichen — wiederum ein Beweis dafür, dass die Entwickelung in Länge und Dichtigkeit des Haares wesentlich von der Winterkälte abhängt, die ein Thier zu ertragen hat, wie solches auch der Bär hierzulande klar darthut. Man muss zugeben, dass der Königstiger im Talyscher Tieflande ein Wanderthier ist, wenngleich er bei weitem nicht so grosse Beisen macht als in Sibirien, wo er in den nörd lichen Gebieten seines Vorkommens als Läufling erscheint. Gelegentlich kommt er bis an den Rand der Mugan. Die Fälle, in denen er bei Belasuwar, wo keine Spur von Wald oder Gebüsch ist, erlegt wurde, sind nicht gar so selten. Aber stets hat die Mugan wüste dem Tiger auf das ent schiedenste die Grenze seiner Verbreitung gegen Norden gezogen. Alle Nachrichten, die in den tifliser Zeitungen über das Erscheinen des Tigers in Transkaukasien von Zeit zu Zeit auftauchen, gelten nicht ihm, sondern dem Panther, welcher auch jetzt noch als Seltenheit an der Süd seite des Grossen Kaukasus bis ins frühere Tscherkessen- gebiet anzutreffen ist, der aber vom Mittelläufe des Aras abwärts (Dshulfa) gegen SO. hin immer häufiger wird und im Tief lande des Caspi sogar gemein ist. Von diesem erstand ich im Jahre 1866 im Verlaufe von zwei Monaten