III. Marco Polo ünd die Kartographen des Abendlandes. Die erste Kunde von einem christlichen Fürsten, der in Abessi- nien regiere, brachte Marco Polo nach dem Abendlande. Er nennt Abascia ein grosses Reich, welches auch das zweite Indien genannt werde. Der Oberkönig (il maggior re) des Landes sei ein Christ und ausser diesem gebe es noch sechs Könige, drei christliche und drei saracenische, die dem Oberkönige unterthan seien. Das Gebiet des christlichen Oberkönigs befinde sich in der Mitte des Reiches und die saracenischen Herrscher hätten ihre Länder in der Richtung gegen das Land von Adern zu. 1 ) Die abessinischen Völkerschaften schildert der edle Venezianer als sehr kriegstüchtig und erwähnt, sie lägen be ständig im Kriege mit dem Sultan von Adern, den Bewohnern von Nubien und anderen Nachbarn. Allgemein würden ihre Vertreter als die tüchtigsten Krieger anerkannt. 2 ) Marco Polo berichtet nun, es sei ihm erzählt worden, im Jahre 1288 habe den Kaiser (gran Signore) von Abessinien die Lust angewandelt, das Grab Christi zu besuchen. Man hätte ihm jedoch aus verschie denen Gründen von der Verwirklichung dieses Vorhabens abgerathen und er hätte sich entschlossen einen Bischof zu delegiren, der an seiner Statt die Andacht am heiligen Grabe verrichten sollte. Dieser Bischof sei in die Hände des Sultans von Adern gefallen, der ihn den Christen zum Hohne habe beschneiden und dann in die Heimat senden lassen. Diese dem christlichen Herrscher angethane Schmach sei an den Sa- racenen in einem Kriege gerächt worden, in welchem dem muhamme- *) Marco Polo bei Ramusio (Raccolte delle navigatitmi et viaggi. Venezia 1606), lib. XII, p. 59, c. 38: „II maggior Re Christiano sta nel mezo di detta provincia (d. i. Abascia) e gli Re Saraceni Hanno il loro reame verso la provincia d'Adern“ 2 ) Marco Polo bei Ramusio a. a. O.: „Sono questi popoli Abyssini molto valenti nell' armi e gran guerrieri, per che di continuo combattono cot' Soldano d’Adern e con popoli di Nubia e con molti altri, che sono ne' loro confini e per il continuo esercitati, sono reputati i miglior huomini da guerra di tutte le provincie dell‘ India.“