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Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 16.09.1876
- Erscheinungsdatum
- 1876-09-16
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-187609160
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-18760916
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-18760916
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Leipziger Tageblatt und Anzeiger
-
Jahr
1876
-
Monat
1876-09
- Tag 1876-09-16
-
Monat
1876-09
-
Jahr
1876
- Titel
- Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 16.09.1876
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^212 Dichter schuld daran, welcher den Charakter in ein milderndes Licht rückte, um ihn zur Haupt gestalt eine- erheiternden Lustspiels machen zu können. Herr Senger alS „Prinz von Bavreuth" spielte die Rolle mit Frische und ließ keine Pointen derselben fallen; seine Hauptrede im Tabakscolle gium sprach er mit Kraft und Wärme, wenn er auch vielleicht gleich daraus die Berauscbtheit etwas zu scharf markirte. Solcher Contrast ist zwar sehr wirksam, doch verliert er ohne die vermitteln den Uebergänge an Glaubwürdigkeit. Frl. Wessely (Prinzessin Wilhelmine) hat sich offenbar den Tadel der Kritik zu Herzen genom men; sie zeigte gestern baS unverkennbare «streben nach schärferer Auseinandersetzung des Prosa- dialogS, wie in den Momenten des Gefühls jenen warmen Ton, der sehr für diese Dar stellerin einnimmt. Wennssie die Rolle gleichwoh nicht deckte, so liegt dies daran, daß der Grund ton der Darstellerin ein sentimentaler ist, wäh rend die Prinzessin Wilhelmine in den Bereich der muntern Liebhaberinnen gehört. Die spätere geistreiche Memoirenschreiberin kann niemals einen sentimentalen Zug gehabt haben; auch liegt dies nicht in der Rolle. Frl. Kroessing als Fräulein von SonnSseld war ein pikantes Hofsräulein Die Königin der Frau Bethmann erschien uns nicht vornehm genug; gegenüber dem bürgerlichen König muß sie gerade den Stolz und die Hoheit der königlichen Würbe vertreten. Der Ritter Hotham des Herrn Johannes war ein englischer Diplomat, zugeknöpft und stolz, und sein Jntriguenspiel hinter äußerlicher Bieder keit verbergend. Der soldatische Grumkow des Herrn Gilt, der fein combinirende Seckendorfs des Herrn Tietz, die beiden Hofdamen der Frau Schubert und Frau Gut perl fügten sich an gemessen in das Ensemble ein. Herr Schwendt spielte gestern den Barbier Eversmann. Es wäre grausam, einem Darsteller, der lange Zeit in zweiter Linie gestanden bat und aus einmal in die erste Linie einrückt, die Freude hierüber ver derben zu wollen. Den trockenen und selbst gewissen Ton dcS Eversmann traf Herr Schwendt ganz glücklich, nur brachte er nicht alle Pointen der Nolle zur Geltung. Das Tempo, das er nahm, war im Ganzen etwas zu rasch für die gespreizte Würde, deren sich der preußische Olivior le Daim befleißigt. Rudolf Gottschall. Die Manöver des 4. und des 18. Armeecorps. ii * Leimig, 15>. September. Nachdem die Truppen des 4. ArmeecorpS am Dienstag gegen 5 Uhr Nachmittags den Uebergang aus das linke Saale user vollständig bewerkstelligt hatten, bei welcher Operation der Feind sie nicht behelligte, wurde» die Brücken abgebrochen. Die Truppen zogen sich in die Linie Kölschen, Benna, Merseburg zurück, um hier Bivouaks zu beziehen und die von Oucr- furt aus anmarschirenden Verstärkungen aufzu- nehmcn. In den einzelnen Bivouakpiätzen ent wickelte sich bald ein reges militairisches Leben. Ucberall loderten die Feuer empor, von welchen das ersehnte Mahl und der nicht minder er wünschte Kaffee zubereitet werden sollten. Es war namentlich interessant zu sehen, wie die in den letzten Feldzügen in Bezug aus das Bivoua- kiren gemachten Erfahrungen benutzt wurden. Nachdem die Soldaten ihr Mahl verzehrt, sam melten sie sich um die brennenden Holzstöße, um in bunter Abwechselung heitere und ernste Wieder anznstimmen. Einzelne verkleidete Witzbolde führten närrische Scenen aus und fanden bei dem militairischcn Auditorium dankbare Aner kennung. Um 9 Uhr wurde der Zapfenstreich ge blasen, die als Besucher im Lager anwesenden Civilisten entfernten sich und cs trat allmälig Ruhe ein. Bon fern sah man die Wachtfeuer des 12. Corps leuchten. Am Mittwoch wurde es sehr früh lebendig. Der Kaiser erschien schon zwischen 7 und 8 Uhr in der Gegend von Spergau, um hier zu Pferde zu steigen. Für die Fortsetzung der Manöver war die Generalidee gegeben, daß das l2. Corps noch in der Nacht bei Ostrau und Dürrcnbcrg auf Brücken die Saale überschreiten und danach die weitere Verfolgung deS Feindes aussühren sollte. Das 4. Corps hatte die Aufgabe, nachdem eö die erwarteten Verstärkungen empfangen, de» über den Fluß gegangenen Feind mit aller Kraft anzugreifen und ihn wieder über den Fluß hinüber zu werfen. Gegen 8 Uhr gingen die sächsischen Truppen aus ihren Stellungen gegen Spergau vor. Daö 4. CorpS hatte seinen Vormarsch eben falls um diese Zeit angetreten. Der Aufmarsch der sächsischen Truppen konnte durch die Thal niederung und die in derselben befindlichen Gehölze ganz verdeckt erfolgen. Da zwischen beiden Corps ziemlich eine Meise Entfernung lag und die beiden Gegner zunächst über die gegenseitigen Stellungen sich Aufklärung verschaffen mußte», so entwickelte sich daö eigentliche Gefecht langsam. Eine größere Action kam zunächst aus dem rechten sächsischen Flügel in Gang. Daö Gefecht wurde hier von den Batterien der sächsischen Avantgarde eingeleitet und zunächst nur hinhaltend geführt, da man den Gegner aus diesem Puncte nur beschäftigen und ihn über den wirklichen Angrifs-punct täuschen wollte. Während dieser Zeit marschirtc die ganze Reserve des 12. Corps mit der Corps-Artillerie in der Richtung nach Frankieben, um den linken Flügel dcS 4. ArmeecorpS zu umgehen und von dieser Seite gegen dessen Stellung zu drücken. DaS sächsische Gros hatte aus diese Weise beinahe eine deutsche Meile zu marschiren, ehe es an den Feind herankommcn konnte. AlS endlich die be absichtigte lliiigehung zur Genüge ausgesnhrt war, kam eS zwischen beide» Thcilen zum heftigen Kampfe DaS 1. Corps nahm eine tbeilweise Schwenkung seiner Reserve vor und führte nun auch seinerseits die Artillerie in den Kampf. Aus seinem rechten Flügel verfügte das 4. CorpS über zwei ausgezeichnete Stützpunkte in den südlich von Ober-Bena gelegenen alten Kohlenwerken, die sofort mit starken Infanterienlassen besetzt wurden. Der Kampf in dieser Gegend war äußerst hart näckig. Man konnte klar die Absicht des sächsischen Oberbefehlshabers erkennen, an diesem Puncte die Entscheidung herbeizuführen. Immer größere Truppenmaffen wurden seinerseits in das Gefecht geführt. Während die beiden Gegner hier auf daS Heftigste handgemein waren, unternahm das Gros deS 4. Armeecorps im Centrum einen energischen Vorstoß, um einen Durchbruch zu er zwingen und beide feindliche Flügel von einander zu trennen. Die Truppen gingen unaufhaltsam vor, passirten die Merseburg-Weißenselser Chaussee, als plötzlich der Feind in ihrer rechten Flanke er schien, in Folge dessen die Truppen deS 4. Corps eine Frontveränderung vornehmen mußten. Dieser Theil deS Gefechtes war von hohem Interesse Die Lage der Truppen deS 4. Corps war eine kritische. Es gelang ihnen indessen, nach allen Seiten hin Erfolge zu erringen, zu denen die Artillerie namentlich beitrug. Der Feind wurde zurückqedrängt und in diesem Augenblicke der Cavallerie-Division eine Attake besohlen. Die sämmtlichen Regimenter gingen mitten durch die einzelnen Infanterie-Bataillone vor und führten die Attake mit großer Bravour aus. Aus dem rechten Flügel deS 4. Corps, daö mittlerweile den linken sächsischen Flügel bis über Frankleben hinaus zurückgetrieben, entwickelte sich noch ein sehr lebhaftes Gefecht, das indessen zu Ungunsten der Sachsen ausfiel, da inzwischen die Verstärkungen des 4. Corps herangekommen waren und in das Gefecht eingegrisfen hatten In dem Augenblick, wo die Cavallerie zu einem erneuten Angriff Besehl erhalten, wurde die Be endigung des Manövers besohlen, das mit dem NUcizuge des sächsischen CorpS schloß. Diese Wendung war hauptsächlich durch die kühne, mitten im heftigsten Kampfe bewerkstelligte Front änderung des 4. CorpS, dnrch die der Feind sich höchlichst überrascht fand, herbeigesührt worden. Nach dem Schluß des Manövers versammelte der Kaiser die Generalität und die Stabsofsiciere um sich, um denselben in warmen Worten seine Anerkennung über die Ausführung der militai- rischen Operationen, die taktische Äußbildung der Truppen und deren Disciplin auszusprechen. Verschiedenes. — Man schreibt aus Naumburg, 12. Sep tember: Gestern Nachmittag hatte unsere Stadt die unerwartete Freude des Besuchs Sr. kaiserl Hobeit des Kronprinzen. Derselbe traf bald nach 5 Uhr von Merseburg aus dem hiesigen Bahnhose ein, wo er von dem Bezirkscommcm- deur, dem Landrath und Bürgermeister empfangen und in bereit gehaltenen Equipagen zum Dome begleitet wurde. Unter Führung deS Domprobstcs v Rabenau und des Dombciumeisters Werner besichtigte er dieses in der Restauration begriffene ehrwürdige Gebäude in allen seinen Theilen und sprach seine hohe Befriedigung über den Fort schritt der Arbeiten und die vielen Schönheiten aus, welche dadurch wieder ans Licht gefördert sind. Dann fuhr er durch die Straßen der Stadt zum Landrath Tellemann, bei dem er noch einige Zeit verweilte und einen kleinen Imbiß nahm, und kehrte ui» 8 Uhr nach Merseburg zu rück. Obwohl seine Ankunft erst unmittelbar vor her bekannt geworden war, hatte sich doch eine zahlreiche Menge auf dem Wege, den er passirte. und namentlich vor den« Dome und vor dem Hause des Landraths cingefunden, die ihn überall mit stürmischem Iubclrus begrüßte. — Auf der allgemeinen deutschen Gartenbau- Ausstellung in Erfurt erregte ein mosaikartig von getrockneten Blumen gearbeitetcS „Kaiser bouquct" des königlichen Hoflieferanten I. C Schmidt in Erfurt allgemeines Aussehen. Es ist ein Riesenbouguet von wahrhaft überraschenden Dimensionen. Der Durchmesser desselben beträgt 3 Meter, die Quadratflächc üb^r 7 Meter und der Umfang 0 Meter. — DaS Centrum des Bouquets im Durchmesser von circa 80 Centimeter stellt den auS himmelblauen Blumen künstlerisch gefertigten Namenszug des Kaisers dar, umgeben von einem prächtigen Lorberkranz, welch' letzterer wiederum von AtlaSbändern durchwunden ist, aus welchem in Golddruck die Schlachlentagc des letzten großen Krieges verzeichnet stehen. Oberhalb des Namcnszugks befindet sich die Krone und unterhalb hängt das Kreuz dcS Schwarzen AdlerordenS. Um den Kranz ziehen sich kreisförmig in buntester Reihe die Wappenschilder sämmtlicher Staaten des deutschen Reiches, diese letzteren sind getreue Copicn und in einer Farbenpracht gehalten, wie solche wohl noch auf keiner Ausstellung geglänzt haben; die Wappen sind von zierlichen kleinen immortellenartigen Blumen mit größtem Geschick zusammengcstellt. Der Untergrund dcS ganzen BouquetS ist aus der prachtvollen seltenen silber glänzenden Blume .Ilolicürz^um rc^titum^ vom Cap der guten Hoffnung gearbeitet. Das Ganze ist, in Art der GratulätionSbouquctS, mit einer ostbaren AtlaS Manschette vom schwersten Stofs umhüllt; dieselbe ist in den ReicbSsarben gehalten und ebenfalls ein Meisterstück von Arbeit! — AuS Ratzeburg vom II. d. schreibt man den „H. N.": Der gestrige wüthendc Sturm -at aus unserem See abermals ein — leider nur allzu oft wiederkchrcndcs — erschütterndes Er eigniß herbeigesührt. Ein Regattaboot eines Lübecker Rudcrclnbs, mit sieben jungen Leuten be- etzt, krntcrte in der Gegend von Utecht. Von den Insasien wurden 4 nach mehreren Stunden, während welcher sie sich am Kiel gehalten, gerettet; I gelangte durch Schwimmen anS Land, 2 jedoch — v. Berg auS Kronstadt und der 19 jährige Gras Plesien-Sierhagen in Holstein (ältester Sohn des vor Kurzem verstorbenen früheren dänischen Gesandten in Stockholm) — fanden bei dem AnS landschwimmen ihren Tod. wie man hört, weil sie, nahe vor dem rettenden Ufer, in das Wucherkraut der Wasserpest geriethcn. — Der „Rost. Ztg." wird aus Doberan eine entsetzliche Unthat berichtet. Ein üjähriger Knabe hat daselbst am 8 d. Nachmittags seinen 5, jäh rigen Stiefbruder in einem Brunnen ertränkt, nachdem er bereit- am Morgen desselben Tages versucht hatte, denselben in einen Bach zu werfen Nachdem das Kind vergeblich am Freitag und Sonnabend gesucht worben war, hat der junge Misicthäter am Sonntag seine That eingestanden Auch hat man darauf die Leiche in dem Brunnen aufgcsunden. Der Humor davon. Wie die Alterthumssorscher sagen, ließen die alten Griechen auf ihre erschütternden Trauer spiele gewöhnlich ein sogenanntes „Satyrspiel" folgen, um die Zuschauer wieder aufzuheitern. Wir finden diese Sitte sehr menschenfreundlich, und da man das Gute, wenn man das Bessere noch nicht kennt, ruhig nachahmen kann, so wollen auch wir unseren bisherigen tiefernsten Betrach tungen über die Afrikaner im Psaffendorfer Hof einen Versuch zur Aufheiterung folgen lasten, wo bei wir aber, um immer wahr zu bleiben, gleich vorausschicken, daß die das Heimweh der Drome dare betreffenden Worte aus Hamburg von dem dortigen Aufenthalt der Afrikaner herrühren. Der Zuschauerkreis um die Afrikaner ist dicht besetzt. Vater, mit seiner Familie ankommend: So, Kinder, jetzt drängt euch nur vor, sonst seht ihr gar Nichts, und guckt euch ja Alles recht genau an. Seht mal, wie sie jetzt tanzen! Aeltester Sohn: Aber Papa, das ist doch keine Kunst, so zu tanzen. Vater: Kunst soll's auch nicht sein, aber Natur. Frau Alleswissern: Das ist nämlich ihr KriegS- tanz, den die Schwarzen allemal nach einer glück- lichen Jagd aussühren, die verdienen hier schönes Geld, aber s'is cn hier jetzt zu kalt, se gehn auch nun bald zu Hause, sehn Se, der dort, der kleine Dicke mit der rothen Mütze und dem Backenbart, das ist Herr Hagenbeck, der — Vater: Aber Herr Hagenbeck soll doch ganz anders aussehen. Frau Alleswissern: Nee, er is' es, der macht Sie emal gute Geschäfte, er behandelt se aber auch ganz gut, denn zu Hause hätten sis lange nicht so, die können nämlich nur arabisch sprechen, gar nichts anderes, weil — Elamin auf dem Esel an den Zuschauern entlang reitend: Guten Moien, eins, zwei, drei, an der Frau, an der Magd, an der Bank vorbei, (zu einer jungen Dame) Wie heißt Du, Marie? Junge Dame: Anna. Elamin freundlich: Anna hübsch. Herr Amcyer zu seiner Frau: Aber das ist ein schöner Mensch! Frau Ameyer: Na, der ist auch schon im Tage blatt genug gelobt worden, aber hübsch ist er wirklich. Frl. Ainever: Ob er denn schon verheirathct ist? Herr Bmcyer (für sich): Das muß natürlich auch hier der erste Gedanke sein. Frau Cmever: Aber nicht wahr, die sind noch etwas duntler angestrichen als sie wirklich sind? Scbalk: Ja, ich habe sogar die Farbenkübcl und Pinsel gesehen, aber man dars's nicht weiter sagen. Herr Schlaumeyer, als Elamin wieder vorbei reitet: Nun, wie gefälll's Euch in Deutschland? (Elamin macht Zeichen des Nichtverstehens.) Maler: Die verstehen kein Deutsch und haben sich blvs einzelne Worte eingeübt. Herr Schlaumeyer: Ach, Den Hab' ich ja früher in der Menagerie bei Daggesell gesehen! Maler: Ich kann Ihnen versichern, daß ich die Leute im Juni selbst habe in Triest ankommen sehen, ohne daß sie vorher je in Europa gewesen. Herr Schlaumeyer: Aber er war sicher bei Daggesell; (noch lauter zu Elamin:) Wie's Euch hier gefällt? «Elamin reitet lächelnd weiter.) Berlinerin: Ob denn die Dromedare hier kein Heimweh bekommen? Maler: Warum, sie werden ja hier eben so ge prügelt wie zu Hause. Gelehrter zu Elamin, alS derselbe wiedcrkommt: Setit? (Elamin nickt), Casiala? (Elamin nickt wieder) Albara? (nickt wieder) Habesch? (Elamin reitet nickend und lächelnd weiter, der Gelehrte hält sich erschöpft am Geländer fest.) Schulknabe (bei Seite ernsthast zum andern): Aber Der kann emal Arabisch. Frau Wohlgenährt: Aber gutgcnährt sehen Die doch gar nicht auS, Die bekommen gewiß nicht Viel zu essen. Zwei reisende Schaubudenkünstler (zu einander): Das ist eine gute Idee, da läßt sich noch ein Ge schäft damit machen, nur zu viel Dromedare sind cs. Maler: Erlauben Sic, gerade durch die vielen Dromedare kann allein die Vorführung der Karawane einigermaßen anschaulich gemacht wer den. Sie werden gleich sehen. Gymnasiast zum andern: Ach sicht daS Alles lumpig aus, da geh' ich doch lieber in der Messe unter die Buden. Herr Dmeyer: Nu möcht' ich nur wissen, welche von der Gesellschaft die Männer wären, ach ja richtig, der Neger dort ist der Mann! Frau AlleSwiffern: Gott bewahre, daS sind alleS Männer, der Kaiser hat sc bei seinem Ein zug auch geseh'n, wie sie auf einer Tribüne ge standen haben, den König bat er gleich angestoßen, und dann ist er noch äusgestanden, um se noch richtig zu sehen, und der Ring, den der Schöne trägt, den hat er in Hamburg von einer Frau bekommen, wo er dort zuerst emgekehrt ist, sehen Sie, die Striemen auf dem Rücken, die sind noch vom Prügeln aus der Sklaverei und — Junge Dame: Aber es sind doch Freie. Frau Alleswissern: Das ist egal, früher sind sie doch Sclaven gewesen. Zwei eben Ankommende: Ach, famos! So etwas Anschauliches ist dock in dieser Art noch nicht dagewesen, das ist ja eine ganz neue Idee, Ver treter fremder Völker zusammen mit ihren Haus- thieren, Wohnungen und Geräthschaften und in deren Anwendung zu zeigen und noch dazu unter freiem Himmel. Maler: Gewiß, und wenn Leipzig einen zoologi schen Garten bekommen wird, so wird es sicher zu besten Vortheil sein, wenn man dabei gleich solche Einrichtungen trifft, daß derartige verwandte Sehenswürdigkeiten als anziehende Abwechselungen dort gezeigt werden. DaS wird die Anziehungs kraft einer solchen Anstalt, die eigentlich jede Großstadt, wenn sie wirklich eine sein will, haben muß, ganz wesentlich erhöhen. Herr Bierwanst (gähnend): Ja, so 'was ist ungeheuer interessant. Junges Fräulein (aus dem Institut zurück) zum anderen: Aber oft möchte ich die Leute doch nicht seben, sie sehen doch ein Bischen zu natürlich aus. Wir sind schon zum dritten Male hier, es ist doch ungeheuer interessant, ich weiß aber gar nicht, wie man nur so Viel daraus machen kann, waS müssen die Zwei da nur in den Haaren haben, das sieht ja ganz weiß aus. Maler: Das ist Hammeltalg, womit sie sich oft einreiben, da sie Dies den Haaren für zuträglich halten. Herr Dmeyer: Aber ich habe doch gehört, sie sollen Alle Perücken tragen. Herr Emeyer: Ja, sagen Sie 'mal, sind sie denn überhaupt echt, 's is doch (sehr ernsthaft) wohl auch Schwindel wie gewöhnlich. Schalk: Natürlich, es ist Alles Schwindel, ich kenne die sogenannten Afrikaner alle von Kind an, sie sind alle in Hamburg angestrichen und werden hier alle 3 Tage wieder aufgefrischt. Sic tragen Alle Perücken, und Jeder hat noch eine im Borrath, wie bei Renz. Die Neger tragen nur Masken, die vom Theater hcrrühren, die Dromedare sind alle ausgestopst und werden nur durch geschickten Mechanismus in Bewegung ge setzt, und die Elephanten und Giraffen erst recht. Die Schilde sind von Pappe. Je echter so Etwas erscheint, desto mißtrauischer muß man sein, wenn man, auch ohne Etwas davon zu verstehen, als Kluger erscheinen will, der Schwindel ist eben dann als ein um so geschickterer anzusehen. (Geht schnell ab.) Herr Emeyer: Ich glaube, Der will unö zum Besten haben — wo ist denn der Kerl hin? u. s. w. D. ^ (Eingesandt.) Ein neuer Unfug greift in unserer Stadt um sich: das Geknarre mit den sogenannten „Cri-Cris." Man sollte glauben, Eltern brauchten ihr Geld in dieser schweren Zeit und bei diesen Preisen der Lebensmittel zu etwas Nöthigerem, als ihren Kindern solch unnützes Spielzeug zu kaufen. Nun, zu Hause mögen sie sich ihren Spaß vergönnen; daß man aber auf den Straßen allerwärts mit dem dummen Geknarre belästigt werden muß, heißt dem stillen Fußgänger viel zumuthen. Also mögen unsere Lehrer bei Zeiten dieser Unsitte entgegen arbeiten. Freilich hat Schreiber DiescS auch schon Erwachsene mit diesem neuen Spiel zeug gesehen und — gehört! (Die Cri-Cri- Mänie, eine jener Tollheiten, wie sic von Zeit zu Zeit auftauchcn, eine Weile herrschen, um dann o spurlos zu verschwinden, daß kaum in irgend einer Rumpelkammer ein Stück übrig bleibt, ist leider allerdings auch bei uns eingezogen. Dieses infame Instrument ist übrigens ursprünglich zu ganz nützlichem Zwecke von einem Deutschen, Namens Meßmann, erfunden und in Amerika viel bei den dort in der Telegraphie gebräuchlichen Klopsapparaten verwendet. Die Pariser haben eS nicht erfunden, nur zur Narrheit aemißbraucht. In Berlin ist der Cri-Cri-Skandal so groß, daß r. B. im Wallner-Theater eine Vorstellung ge schloffen werden mußte; die Polizei vechastet dort Diejenigen, welche mit dem Cri-Cri die nächtliche Ruhe stören, und in den Schulen sind massen hafte ConfiScationen vorgknoinnien worden. Möchte man bei unS in Schule und Haus, auf der Straße und in öffentlichen Localen bei Zeiten dazu thun, ehe der Unsinn auch hierorts zur Epidemie wird.) (Eingesandt.) Obgleich vor einigen Monaten eine sehr löb liche Verordnung des Magistrats das un- nöthige Klingeln der Ambulanzen bei Strafe verbot, ist bis jetzt eine Wirkung davon nicht zu verspüren gewesen. Da es nun wohl ein durchaus gerechtfertigtes Verlangen ist, daß der Vortheil einiger Privatpersonen dem allge meinen Interesse nachstehe, so wird der Rath lüerdurch dringend ersucht, fortan aus die stricte Befolgung jener Verordnung energisch hinzu wirken. Desgleichen wäre es sehr erwünscht, wenn den mit Äepseln, Sand, Bettstroh rc. hausirenden Personen daS laute und widerwärtige Schreien auf offener Straße strengstens untersagt würde, da dasselbe für die Anwohner im höchsten Grade belästigend ist und wohl für ein Landstädtchen paßt, aber in einer Stadt wie Leipzig längst einer vergangenen Zeit angehören müßte. Ein Bewohner der Strrnwartenftraßr.
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