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WMMWMW 18 Vergenhans noch gelebt haben mochte, wurde mit ihm schon wegen Uebernahme der Professur der Mathematik und Astronomie verhandelt. Herzog Ulrich that dieses wohl persönlich, denn Stöffler sagt selbst: „Herzog Ulrich von Würtemberg hat wollen, daß ich meine Pfarrei verlasse und hier ordinarie Mathematica lesen soll; nun weißt E. f. D., daß nicht leichtlich den Fürsten ihr Begehr abzuschlagen ist; also Hab ich Herzog Ulrich auch gehorsamlich willfahrt und meine Pfarr verlassen')." Stöffler ging aber auf seine Berufung nur ein, „wenn er von seiner Pfarrbesol- dung ein jährliches Reservat von 90 Gulden lebenslänglich ausbezahlt erhielte." Da Hans Caspar von Bubenhofen die Pfarrei als Besitzer von Justingen inne hatte, so verlangte Stöffler, daß Herzog Ulrich sich für die Auszahlung dieses Reservats verpflichte. Diese Verpflichtung hat 1511 am Montag nach Misericordias stattge funden und Herzog Ulrich wurde für 90 Gulden Selbstschuldner und Bürge für H. C. v. Bubenhosen'). Diese 90 Gulden waren ohne Zweifel Stöfflers ganze Besoldung ^), und hätte er nicht freie Wohnung und Verpflegung im Contubernium') erhalten, so hätte er gegenüber seiner guten Pfarrei in Justingen großen Schaden gehabt. Unter Con tubernium ist die sogenannte Bursa zu verstehen, welche Eberhard im Bart 1482 zu bauen anfing. In demselben wurden vorzugsweise die Studierenden der Philosophie verpflegt. Die Lehrer derselben wohnten darin, auch waren hier Hörsäle für Arith metik, Geometrie und Astronomie. Als Stöffler 1511 seine Professur in Tübingen antrat, war er 59 Jahre alt, „ein betagter Mann, Lust zu lehrend und zu lernen begierig °)." Bis zum Jahre 1519 waren die Verhältnisse für Stöffler in Tübingen sehr angenehm. Geschätzt und hochgeachtet als Lehrer, besaß er auch die Gunst seines Herzogs, der ihn als Mann von feinem Witz und geselligen Talenten gerne an seinem glänzenden Hofe sah und viel auf den gelehrten und berühmten Mann hielt. Für Herzog Ulrich, wie für Stöffler, brachte aber das Jahr 1519 schlimme Tage, denn Herzog Ulrich wurde in demselben von dem schwäbischen Bunde aus dem Lande vertrieben, und im April wurde Stadt und Schloß Tübingen belagert. Sein herzoglicher Gönner mußte von Tübingen aus fliehen, und im Lager der Feinde stand vor Tübingen ein erbitterter Gegner von Ulrich, Ulrich v. Hutten, der aber zugleich Stöfflers Freund war. Dieser letztere schreibt im Kriegslager vor Tübingen an einen seiner Freunde: „Ich kann nicht weiter schreiben, schon bläst die Trompete; später etwas ausführlicher. Ich hoffe auf die Einnahme von Tübingen; lebet wohl und gedenket meiner! Eilig unter Trompeten, Pferdegewieher, Trommeln und Lagerlärm °)." Tübingen ergab sich bald, und Stadt und Land kam von 1519—1534 au Kaiser Carl und König Ferdinand. 1) s. Beilage Nr. 2. 2) s. Beilage Nr. 1. 3) Nach der Universitätsordnung von 1491 hatte ein krolsssor gur» 80—DO Gulden. Die Professoren der Philosophie, zu denen Stöffler zählte, hatten 20—25 Gulden nebst Wohnung und Verpflegung. 4) Das frühere Contubernium oder Bursa war in dem Gebäude der jetzigen geburtshilflichen Klinik. 5) s. Beilage 2. 6) Strauß, Ulrich v. Hutten 1, 361.