124 Friede schien zu kommen, wenn es gelang, dies Riesenreich zu erhalten. Die Völkerindividualität wurde bleichsüchtig. Auch die Griechen verloren ihren Charakter, wie vielmehr die Orientvölker! Der Jude behielt ein Stück seines alten Wesens, aber die staatenbildende Kraft verlor er mit der Syrern und Phöniziern zugleich. Der Ägypter gab die eigene alte Kultur preis. Seine Königsmumien schliefen unverstanden einen tausendjährigen Schlaf. Alles sollte zu neuer Einheit umgeschmolzen werden, aber ehe die Einheit kam, krachte der Römerbau an allen Ecken. Er schuf kein neues Volk aus hundert Völkern, sondern als Rom zerbrach, krochen die alten Völker unter den Ruinen wieder hervor. Langsam sah man sie aus dem Schutt herauskommen, ihre Glieder waren zerstoßen, ihre Wangen hager, ihr Auge stumpf und ihre Knie wankten. Sie waren Knechte gewesen, nun waren sie entlassene Knechte ohne Besitz und Beruf. Sie waren nicht mehr, was sie einst gewesen waren, sie wußten nicht, was sie werden sollten, selber nicht anders als die zerbrochenen Steine aus der Akropolis und in Baalbek. Von da an liegen die Ruinen der Völker und warten der Baumeister, die an ihnen herum hämmern. Ohne das vorhergehende Römerreich versteht man weder die arabische noch die osmanische Herrschaftsperiode. Araber und Gsmanen waren politisch betrachtet Erben der Römer. Sie erbten die Zerbrochenheit der unterworfenen Völker. Daher hatten sie schnelle Erfolge in ihren Anfängen. Wo Rom schon einmal erobert hat, können es andere nach ihm. Aber freilich, wo soviel Schutt liegt, wie auf dem Trümmerfeld der Römerherrschaft, ist es schwer aus dem Staub und der Ruinenhaftigkeit herauszukommen. Leichter war es, das wilde Nord amerika in wenigen Jahrhunderten zum Kulturland zu machen, als die Länder der zerbrochenen alten Kultur, eine geschichtliche Thatsache, die wir nicht vergessen dürfen, wenn wir uns jetzt unter die lachenden und streitenden Erben der Chinesen stellen. Auch dort wird viel Schutt übrig bleiben, wenn die Herrschaft von Peking fällt. -i- -i- Reste von Völkern.