123 Reich osmanischer Herrschaft? Wir waren im Gebiet der Slaven ein Herrenvolk, wie die Türken im Gebiet der unterworfenen Völker, und wer bei uns Augen hat, zu sehen, findet die Nachwirkungen der Zeit, wo der deutsche Kaiser eine erobernde Kriegerkaste nach dem Osten und nach Italien schickte, noch heute in den Zuständen Ostdeutschlands und Öster reichs. Der Nationalitätenhader in Österreich ist auf etwas erhöhter 'Kulturstufe derselbe Vorgang, der in der Türkei sich als Lostrennung der Griechen, Bulgaren, Serben, Armenier zeigt, und unsere H>olensrage hat noch heute Verwandtschaft mit den Wirren in der Türkei. Uns ist es gelungen, mehr Slaven zu germanisieren, als es den Osmanen gelang, Syrer und Armenier zu muhammcdanisieren, aber auch bei uns war politisches Vordringen und Bekehrung gemeinsam. Ostpreußen ist nicht nach einem viel anderen System deutsch geworden als Syrien muhamme- danisch. Jetzt, wo wir unsere Vergangenheit vergessen haben, ist es eine leichte Sache, uns über den Türken zu entrüsten, wenn er bisweilen sucht, in Art der Habsburger und Wittelsbacher den alten deutschen staatsrecht lichen Satz zu verwirklichen: cuius re^io eius religio: der Landesherr bestimmt den Glauben. * Um das ganze Nkittelmeer herum liegen die Trümmer des alten römischen Reiches. Dieses Reich war der größte Versuch der internationalen Herrschaft vor dem jetzigen englischen Imperium. Von Rom aus be herrschte ein strammes, militärtüchtiges Herrenvolk die Herde der Unter worfenen von den Säulen des Herkules bis zum Hochland von Iran, von der Sahara bis zur Nordsee. Der Geist dieses alten gewaltigen Reiches läßt sich mit dem Wort „griechisch-römische Kultur" aussprechen. Man trug die Götter der Völker nach Rom und trug das Standbild des Kaisers zu den Barbaren. Baalbek, Tiberias, Läsarea, Alexandrien waren Orte der damaligen Weltkultur, die die Nationalkultur verschlingen wollte. Die Sprachen der Unterworfenen wurden zu Dialekten herabgedrückt gegenüber den damals modernen Weltsprachen der Griechen und Römer. Der ewige Alte Herrschaften.