121 fremd und heimatlich zugleich, und vor allem: sie ist grün, saftig, sonnig, blinkend, bezaubernd. Mailand und der Gardasee gaben Stationen der Acclimatisierung, aber wozu davon jetzt er zählen? Das, was wir schreiben, heißt „Asia", es gilt dem Osten, und es bleibt noch viel zu arbeiten, wenn wir kurz und knapp zu sagen ver suchen, mit welchen politischen Gedanken wir heimkehren. Na türlich entstehen poli tische Gedanken nicht aus bloßer Reisekenntnis. Was die Reise in dieser Hinsicht bietet, ist nur Weckung und Bereicherung vorhandener historisch-politischer Anschauungen. Man prüft seinen inneren Bestand an dem, was man sieht. So ging es uns in Religionssachen, so auch steht es in Politik. Religion übrigens bedeutet ja dem Bewohner des türkischen Reiches politisch mehr als uns. Der Satz „Religion ist Privatsache" ist für jene Länder etwas undenkbares. Religion ist dort Stammessache, Rassensache. Wer seine Religions zugehörigkeit aufgiebt, opfert seine Abkunft. Nichts würde falscher sein, als das Wesen dieser Art von Religion allein in gewissen Glaubenssätzen zu finden. Die Glaubenssätze können im Laufe der Zeit sich ändern (es geschieht zwar auch dieses kaum), das Bleibende ist, daß der Gsmane als Gsmane Muhammedaner, der Jude als Jude Israelit, der Armenier als Armenier Christ ist. So wenig es eine rein theologische Sache war, wenn von den deutschen Stämmen die Goten Arianer waren und die Franken Athanasianer, so wenig ist mit etwas Dogmengeschichte der Lebensunterschied der Religionsgemeinschaften im Grient erklärt. Wie im Alten Testament die Moabitin Ruth ihren Übergang ins israelitische Volk Religion und Volkstum.