101 mann und guten Christen gehalten habe. Von diesem Baron also wurde bei den Lcidensstationen Christi geredet, zugleich aber auch von Jesu Wunden, Nägelmalen, Seufzern u. s. w., nicht viel anders, als wir es aus den j)assionsandachten eines landläufigen italienischen Gebetbuches kennen. Was uns in Erstaunen gesetzt hat, war die wunderbare Leistungsfähigkeit des betreffenden Redners. Man weiß, daß wir auf dem Gebiet geistlicher Rede nicht ganz unerfahren sind, aber die Summe von Gefühl, die der Hochwürdige in 7 oder mehr verschiedenen Ansprachen entwickelte, war uns fast unfaßbar. Immer rührte er bis zu Thränen, immer hatte er die ganze empfindsame Italienerseele auf seiner geschmeidigen Zunge. Cs scheint wahrhaftig unter der Sonne Süditaliens leichter, Gefühle zu pro duzieren, als unter dem kälteren Himmel der Deutschen. -l- -i- * Draußen vor dem Camposanto ist eine Feldkneipe, wo italienische Handwerker mit Frau und Rindern den Sonntagnachmittag verbringen. Hier freundete sich der Prussiano bei Vesuvwcin mit diesen klugen Burschen an, die seinen Becher mit leeren halfen und ihn dafür nötigten, mit ihnen Zwiebel und gesalzenen Fisch zu essen. Man redete, so gut es ging, über Aaiser Wilhelm, den Vesuv, die Bedeutung des Verlobungsringes und des Trauringes am deutschen Finger, über die schöne Galeria Umberto und einiges andere, bis das Violett des Abends sich um den Vesuv legte und den Fremdling nötigte, zum Schiff zu eilen. Cs war höchste Zeit, wenn er noch mit der „Asia" nach Genua wollte. Das letzte Wort hieß: Wiedersehen! * -i« * Die „Asia" ist leer. Die Reiscgenossen fahren über den Gotthard oder den Brenner, ich sitze in einem netten deutschen Heim bei Genua und genieße deutsche Häuslichkeit und italienische Umgebung zugleich. -I« H * Abschied von der »Asm".