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können. Am Ersten, glaub' ich, Hilst dieser Gesichtspunkt uns über die Klage hinweg, daß dort Kunst und Wissenschaft nur geachtet sei nach dem augenblicklichen Gcldnutzen. Denn abgesehn davon, daß auch in Europa diejenigen sich zählen lassen, denen die Wissenschaft die hohe, die himmlische Göttin und nicht die mit Butter versorgende Kuh ist, abgesehn davon, daß schon der Entschluß, aus der bei aller Drangsal doch so trauten Heimath auszuwandern, einen gewissen Idealismus voraussetzt, der bekanntlich nicht blos das Eigenkhum der Klugen und Weisen, sondern oft gerade der Unge bildeten ist: wie soll in einem Staat, wo der Mensch noch einer so gewal tigen, durch Art, Pflug, Eisenbahn, Brücken zu bewältigenden Natur gegenüber steht, wo jeder neu Eintretende nun ganz aus sich selbst ange wiesen sich in rastloser Arbeit vorerst seines Lebens Cristen; zu sichern hat, wie soll da der Sinn für das Schöne und Anmuthige und für tiefe gelehrte Forschung sein, wie bei den nicht mit Lebensnoth geplagten Gebildeten Europa's? was soll aber namentlich gelehrtes Wissen der Vergangenheit im jungen Lande der Zukunft ? Desto mehr aber herrscht praktisches Wissen der Gegenwart, und namentlich lernt jeder junge Amerikaner seine Verfassung auswendig und lernt geläufig sprechen, während bekanntlich der deutsche Gymnasiast über allen anderen Staate» seinen eigenen kaum kennen lernt und über allem Schreiben und Auswendiglernen selten dazu kommt, den Mund nur einmal ordentlich aufzulhun; ja für Volksschulen ist dort reich licher gesorgt als in der alten Welt, ist doch selbst in jedem neuen Staat des Westens der scchszehnte Theil des Landes zur Errichtung von Volks schulen bestimmt. Unangenehm muß es nun freilich dem Deutschen auf fallen, daß man dort so selten dazu kommt, einmal nach deutscher Art gcmüthlich zusammen zu sein — indeß in den erst werdenden Verhältnissen ist dazu keine Zeit, es hat Jeder erst sich seines Lebens Existenz zu sichern. Widrig muß freilich im äußern Leben das fürchterlich rasche Essen oder vielmehr Fressen und Hcrunterschlingen sein, wie's dem Europäer in den amerikanischen Gasthäusern auffällt — nun cs hat der Amerikaner, so sehr noch damit beschäftigt, sich seine materielle Existenz erst zu schaffen, gleichsam keine Zeit dazu, ruhig und langsam zu essen — time is mono;'. Widriger muß noch jenes flegelhafte und rekelhaftc Benehmen in die Augen fallen, wo man, den Stuhl gegen die Wand gekippt, die Beine auf den Tisch oder gegen den Ofen hin ausstrcckt und dann alle Augenblicke den Mund der Jauche des gekauten Tabaks entledigt — nun, nehmen wir an/es befinde Nagel, Vorlesungen. 8