KAPITEL V. Der Appennin. Ein Blick auf die Karte zeigt uns, wie das stille Walten tellurischer Kräfte den Boden für die Entwicklung des Altertums bereitet bat. Unter den drei Halbinseln Südeuropa’s nimmt die italische nicht nur die räumliche Mitte ein, ihr Bau und ihre Gliederung hält gleichfalls zwi schen zwei Extremen die Mitte und sichert dadurch ihre Ueberlegen- lieit über beide. Iherien ist von den drei Ländern das selbständigste und einheitlichste, da es nur auf einer 58 Meilen langen Linie mit dem Continent zusammenhängt und diese Grenze durch ein unweg sames Gebirge gesperrt ist. Die beiden anderen Halbinseln sind durch Tiefebenen mitdem Stamm von Europa innig verbunden. Aber während die östliche mit demselben so völlig verwächst, dafs man ohne Willkür nicht sagen kann, wo die continentale Bildung von der paeninsularen abgelöst wird, erhält die mittlere nebst der ihr angehängten Tiefebene durch die Alpen eine festumschriebene Naturgrenze und damit auch einen einheitlicheren Charakter. Freilich steht sie an Abgeschlossenheit wie an Flächeninhalt hinter Iberien weit zurück. Allein nicht ohne Grund hat man den Satz ausgesprochen, Africa beginne an den Pyre näen. Diesem Welttheil angenähert, dem übrigen Europa durch seine Lage entfremdet, erinnert Iberien auch in seiner Bauart an fremde For men. Nach dem Gleichnifs eines spanischen Geographen ist es wie eine grofse Festung, wie ein ungeheures Bollwerk gegen den Andrang des Meeres aufgerichtet. Es bietet demselben eine möglichst beschränkte Angriffsfront dar, indem nur eine Meile Küste auf 22 Quadratmeilen Flächeninhalt kommt. Und wie die Küste unbelebt ganzrandig verläuft, so schwillt das Innere zu dürren einförmigen Hochebenen au, die an absoluter Erhebung ihres Gleichen in Europa nicht finden. Das Land ist wie Italien dem Westen zugewandt: nach dieser Himmelsgegend strömen seine Hauptflüsse, und von seinen 492 Meilen langen Küsten