KAPITEL IV. Das Poland. Den glücklichen Ausdruck Strabons, welcher Sicilien für eine Zugabe (zrpoa^y.iy) Italiens erklärt, hat Ritter auf die Poebene über tragen und dieselbe als Gegenstück zu jener maritimen die continentale Zugabe der Appenninhalbinsel benannt. 1 ) ln physischer wie histori scher Hinsicht vermitteln beide den Uebergang, das eine nach Griechen land und Nordafrica, das andere nach dem Inneren unseres Continents. Wie die nach drei Weltgegenden schauende Insel in Mitten des Meeres den gewiesenen Kampfpreis der Seevölker darstellte, so haben um den llesitz der am Fufs der Alpen hingelagerten Ebene Nord und Süd in alter und neuer Zeit gerungen. Von beiden ist sie durch Gebirgswälle geschieden, und obgleich der Appennin entfernt nicht dieselbe Bedeu tung als Völkergrenze wie die Alpen hat, so fehlt doch ein Band, wel ches Halbinsel und Poland natürlich mit einander verbände. Die grofse Lebensader des letzteren fliefst nach Osten, die natürlichen Verkehrs wege laufen nach dieser Richtung und sind erst künstlich nach Süden abgelenkt worden. ’Demgemäfs hat auch die älteste Berührung mit der Cultur im Osten an der Küste statt gefunden. Nach einer Schiffer sage beanspruchten die Phokaeer aus Kleinasien den Ruhm wie den übrigen Westen so auch das Adriasland entdeckt zu haben. 2 ) Von hier holten sie den hochgeschätzten Bernstein, der den langen Weg von der baltischen Küste vermittelst Tauschhandels von Volk zu Volk zurück gelegt hatte. In der kindlichen Weise früherer Jahrhunderte wurde der Verkehr durch die Legende von Phaethon und dem Bernsteinflufs Eri- danos ausgedrückt. 3 ) Die Schwierigkeit der Fahrt auf der von Stürmen (S. 94) und Piraten heimgesuchten See hat den Verkehr ungemein behin- 1) Europa p. 311, Vorlesungen herausgegeben von Daniel, Berlin 1863. Strabo VI 286. 2) Her. 1163; über den Sprachgebrauch S. 91. 3) Ueber den Bernstein s. Helbig a. S. 151 A. 1 a. 0.