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Im Norden des Kongo, in der Aequatorgegend, finden wir den grossen Wald mit seiner Zwergbevölkerung eingetragen: »Forests habitees par les peuples Bakke-bakke qui sont vassaux du Grand Macoco et que l’ön pretend etre une nation des Nains« = »Wälder, bewohnt durch die Bakke-bakke- (»Akka«) Völker, welche Vasallen des grossen Macoco sind, und welche, wie man behauptet, eine Nation von Zwergen sind«. Diese Angabe habe ich in keiner anderen der älteren Karten gefunden. Sie ist um so bemerkenswerther, als der Wald im Nordwesten der nördlichen Kongo-Ausbuchtung ziemlich richtig, seiner wirklichen Lage entsprechend, eingezeichnet ist. Stanley war also auch in dieser Hinsicht im Wesentlichen nur in der Lage, zu bestätigen, was der Kartograph im Jahre 1719 bereits wusste. Seine Kongofahrt und sein Marsch durch den grossen Wald laufen im Schlussergebniss darauf hinaus, die geographischen Kenntnisse um den Anfang des 18. Jahrhunderts wieder her zustellen. Sicherlich war es nöthig, die Angaben des alten Karthographen durch moderne Expeditionen nachzuprüfen, und Stanley hat dies in schneidiger und energischer Weise gethan. Aber die Thatsachen im Allgemeinen, um welche es sich handelte, hätten wir auch durch das Studium der alten Karten gewinnen können. Merkwürdige Fluth- und Ebbebewegungen der geographischen Wissenschaft! Unser Kartograph wirft aus dem Gesichtspunkt einer exakten wissenschaftlichen Kritik die mittelafrikanischen Seen aus der Karte von Afrika, deren Vorhandensein das gesammte Alterthum bereits gekannt hatte. Und seine eigenen, auf gute Quellen gestützten, Angaben und Einzeichnungen werden von dem nachfolgenden Jahrhundert gelassen dahinter her geworfen. So ist es zugegangen, dass die Karte von Centralafrika in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts wiederum zu dem grossen weissen Fleck wurde, als welchen die Aelteren unter uns sie noch von ihrer Schulzeit her kennen. Zur Darstellung des Kongogebietes auf unserer Karte ist zunächst zu be merken, dass die Mündung südlich des fünften Grades ziemlich richtig ein gezeichnet ist. Bekanntlich wurde diese Mündung bereits im Jahr 1484 vom Portugiesen Diego Cäo mit Martin Behaim aus Nürnberg zusammen entdeckt. Auch der Mittellauf des Flusses ist in seiner allgemeinen Grundrichtung ziem lich zutreffend wiedergegeben, wenn auch der charakteristische Bogen des Stromlaufes nicht weit genug nach Norden vorgeschoben ist. Genaue Orts bestimmungen lagen unserem Verfasser, wie er an einer anderen Stelle klagt, über das Innere nicht immer vor. Die wasserreichen Zuflüsse, besonders die südlichen, sind, wenn auch unter anderen Namen, auf der Karte zum Theil erkennbar. Katarakte sind wenigstens einmal vermerkt. Sehr verschieden haben sich natürlich gegen heute die ethnographischen und politischen Ver hältnisse gestaltet. Auf unserer Karte sowohl, wie in den Berichten früherer Jahrhunderte erscheinen überall um das Kongogebiet herum die Jagas oder Dschaggas, als kriegerische und räuberische, auch wohl kannibalische Stämme, Dieses Auf- Der grosse Wald. Kongo.