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Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 17.11.1875
- Erscheinungsdatum
- 1875-11-17
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-187511176
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-18751117
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-18751117
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Saxonica
- Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Leipziger Tageblatt und Anzeiger
-
Jahr
1875
-
Monat
1875-11
- Tag 1875-11-17
-
Monat
1875-11
-
Jahr
1875
- Titel
- Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 17.11.1875
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6278 stand der Geschäfte und de« Handelsverkehr«. Durch die große Hauptpulsader de« städtischen Verkehr«, die aus der mittleren Höhe de« Amphitheater« der Stadtanlage hmlansende Straßenkette, welche man vielleicht zu kühn, mit den Pariser Boulevard« vergleicht, die aber in der That den Kern der Altstadt Genua'« um schließt, also dnrch die Viu Saldi, die Via dlao- visaim»', die Via Snov», über den alten Post, platz (jetzt klar» ckollo kontano Norosv genannt), die Via und die kiarr» 6»rlo Gelles (letzt Do- minicusplatz umgetauft) u. s. w, bewegt sich in lebhaften Gruppen da« leichtlebige Genueser Publicum, untermischt mit der Equipage der hier vor Anker liegenden Schiffe, mit Militair« ver- schiedener Waffen, und füllt die zahlreichen CasL«, welche alle mindesten« ebenso luxuriös au-gestattet sind wie em gewisse« Las« am Leipziger Nugustusplatze, und die nicht minder zahlrelchen Trattorien. Am Nachmittag wogte e« auch noch weiter hinaus, empor zu den hängenden Gärten, den Promenaden Genua'«, welche die Väter der Stadt fürsorglich haben anlegen lassen, nach dem Stadt park, der Esplanade (Splanata Xeqaa sola) am Nordostende der Stadt. Ich habe diese Anlagen hängende Gärten ge nannt und kann e« verantworten. Hoch genug sind sie hergestellt, von ihnen au« hat man wunderschöne Blicke auf die Riviera ck! I^vants, auf Meer und Stadt und kann dabei aus ebener Fläche lustwandeln, wa« in Genua mit seinem abschüssigen Terrain eine Seltenheit ist. versteht sich, daß die Vegetation eine südliche ist. In der Mitte de« nach Süden zu gelegenen Theile« ist eine sprudelnde Fontaine mit Bassin. Hierher, auf diese» grüne Plateau, lockt an Sonntag- Nachmittagen die Militairmusik der Garnison Jung und Alt au« der Stadt heraus. Aber da« ist noch nicht Alle«. Die Stadt gemeinde erwarb eine an diese Anlage nordwestlich anstoßende Villa in köstlicher Lage, die „Villa Negro". Sie gehörte einst dem Marchese Gian carlo di Negro Dieselbe liegt hoch oben in einem mit tropischen Gewächsen bepflanzten, wahrhaft malerisch angeordneten aristokratischen Berggarten, der mit einem kleinen zoologischen Garten au gestattet ist, und sich um eine thurmhoch über den Stadtpark ^c<iua sola emporragende ehemalige Bastion gruppirt. Reizende Wege führen in Windungen binan. von hier au« vollend« hat man eine Rundschau, die nicht herrlicher sein kann Die alten FestungSmauern find mit schönen Schlingpflanzen bekleidet, Palmen stehen im Freien! Hier yaben wir Ikarus ropevs, dort lecomu o»peu3is, 8»xikrug» coedleuri«, lAoekring!» mv8co8»; hier -Iran)» uldeos (Brasilien), Oam- punnlL lueilliutL, Orales, IväiloU» (Ehina), Sa» eas tiz-poglo88um, blessmdrztuatkvmam uetuue« torms (Eap); dort sprossen und gedeihen Lopkoru japonieL, Sos»d»vk3iLo (China), darüber Vlttute ui» trilod», t-LlIi8t«mon lineare (Australien), 6al- Ii8tomon sLlitznum (ebendaher), kdoeoix ck»ot^llloru, I^LtLni» bordome» (Insel Bourbon) ebenso wie t^uorens Iler und die krunu8 lusilLnIcL. Ost indien« Xsrium ockormv findet sich unweit deS.^ga- pLutdu8 umdellutn» vom Cap der guten Hoffnung. 6dLmoorop8 knmili» au« Spanien und Nordafrika steht unweit von Siot» orientLli8 (Ostindien), dem schon genannten Skoenix ckLetMlor» Asien« und Nordasrika« unv der ^gavo amerieLUL, alle in den schönsten Exemplaren. Da« Billengebäude selbst ist zu einem städtischen Museum sür Naturgeschichte umqewandelt worden („Nlweo eivico cki stori» naturLle") Außen stehen die Marmorbüsten de- früheren Besitzer« 0. 6 cki I^vgro und (irre ich nicht) dann de« Begründer« dieser neuen städtischen Anlagen S karvto. Der Stadtpark, zu welchem schöne Freitreppen führen, die selbst wieder ein imposante« Archi- tekturbild darstellen, und unter welchem Tunnel in Quadersteinen hinweg gehen, die man sich nicht großartiger denken kann, ist nach einer Inschrift nunmehr seit nahezu vier Jahrzehnten eröffnet Der Stadtrath verkündet Da« mit folgender historischen Inschrift: Lxotrvcto korvice 8o1o >,uL(jll»verLU8 »aquLto 8jIvL«,ue eovsito sndnrdLn»« »mdulLtloul patres eonsulsbLNt ». LIV066XXXVII. Genua al« Stadt ist äußerst interessant für den Freund origineller und großartiger Architektur. Die sehr ungünstigen Bodenverhältnisse, die Be festigung de« Ort«, bedingen eine Ausnutzung jeder Handbreit Erde und da« thurmartige Aus sehen so vieler Häuser, die haarsträubende Enge der Gäßchen, die Steilheit vieler Straßen und Gassen, Da« hindert nicht, daß man selbst in Nebengäßche« Marmorpaläste genuesischer Pa, triziergeswlechter, Kirchen und interessante Welt- liche Gebäude findet. In jener schon erwähnten Kette von Haupt- oder BoulevardSstraßen sind die Perlen genuesischer Profanbaukunst und Kirchen- architektur zusammengedränat. Man kommt au« dem Staunen über die Großartigkeit der Portale, der Treppenhäuser, der Hofräume nicht Hera»«. Daß viele Fanden bemalt sind, imponirt weniger, auch die Terracottafarbe einzelner Paläste, wie Brignole-Sal. sagt Einem nicht gerade sehr zu Da« Eolorit ist zu intensiv, die Gebäude scheinen bei Sonnenschein beinahe in Rothglühhitze zu stehen. (Der letzterwähnte Palast hatte beiläufig Prachtmöbel und -Geschirre zur Ausstattung der Billa Melzi am Eomersee geliefert, um den Kaiser Wilhelm würdig zu empfangen. Herzog Melzi ist mit Brignole-Sale nahe verwandt) Unvergeßlich sind mir die Hos- und Treppen anlagen de« ehemaligen Iesuiteucollegium«, de« sott 1812 bestehenden „Suluuso ckoll' ÜnlvorsilL". Man finkt unwillkürlich zusammen vor der Er habenheit vieler Palasthausflur. Der Baumeister, der da« Gebäude vor 2LV Iabre« begann, Bar tolome» Bianc», hat sich damit auch ein „Stein- denkmal" sür alle Zeiten gesetzt. — Spärlich fanden sich i» dem weiten Atrium Studenten oder junae Leute, die e« werden wollten, ein, um die Anschläge am , Schwarzen Bret", da« aber hier weiß ist, zu lesen. Da« Semester hatte noch nicht begonnen. Genua hatte im letzten Studienjahr, wie der Casteüan mir versicherte, circa fünsthalb- hundert Musensöhne aufzuweisen. Nächst diesem Palaste machte der k»1»uro kilippa vurarro oder voll» Soll» tiefen Eindruck aus mich. Dieser Prachtbau, dessen Fayade au« dem 17. Iahrh stammt, bildet den Anfang der breiten Vi» Saldi, k« giebt auch einen kalarro L»Ibl au« derselben Zeit, er liegt schräg gegen über. Durch da« Portal lacht au« den Säulen hallen de« Innern ein Orangengarten hervor! Au« der italienischen Kunstgeschichte wird ange führt, daß ein großerTheil der alten Prachtgebäude, welche heute noch so gewaltig auf Einen herab- sehen, von einem Schüler Michel Angelo'S her rühren, von dem Perugianer Architekten Galeazzo Alessi. In der Via Xnov» ist z. B der Palast Adorno von diesem Meister, ebenso Palast Serra, aus der rechten Seite derselben Straße noch die kalarri 6awdi»80, und Lpivol». Vestibül, Treppe und Halleuhof werden bei letzterem Palais nicht ohne Grund in den Reisehandbüchern der Besichtigung al« wahrhaft großartig empfohlen Au- der Fülle all dieser steinernen Herrlichkeit einer in jeder Beziehung reichen Vergangenheit und immer noch glänzenden Gegenwart zog r« mich gleichwohl hinweg, hinaus an den Meere«- strand, an da« vielgepriesene Küstenland, die Riviera Al« Reiseziel nahm ich mir da« kleine am Meere liegende Städtchen Pegli. Dort sollte sich j» Villa Pallavicini befinden, deren Park von Knschlorbeer und Pinien. Cedern, Magnolien, Azaleen, alle üppig prangend und im Freien wachsend, nach der Beschreibung an die Gärten ArmivenS erinnerte. Mit der Eisenbahn (Linie Genua-Nizza) hat mau nur zwanzig Minuten dorthin. Ich zog aber vor, die zehn Kilometer theil« zu Wagen, theil« zu Kuß zurückzulegen und ebenso den Rück weg zu macheu. Da- herrlichste Wetter begüw stiele diesen Plan. Mit eine« der kleinen Om nibusse, die hier zahlreich nach allen Richtungen gehen und keck sogar der Eisenbahn Coacurrenz und dabei Geschäfte machen, fuhr ich über Sam pierdarena und Eornigliano nach Destrj Ponente, von dort waren nur zwei Kilometer gen Pegli. Immer läng« de« Meere« hin, vorbei an reich besetzten Schiffswerften, durch mauerumschlossine Wege zwischen Gärten, Park« und Feldern, durch freundliche Dorfgassrn ging die Fahrstraße. Pegli war rasch zu Fuß erreicht. Die Sonne schien so warm, daß man einen Schirm gut brauchen konnte. Pegli ist eia hübsche- kleine« Städtchen, da« ebenfall« Schiffswerften hat. Da e« i« Sommer Seebad ist, so sind stattliche Hotel« darin er richtet. Auf dem Grund und Boden der Billa Pallavicini sicht da» neue „Sütel cl'tluglstvrrv" gerade dem Bahnhose gegenüber und vis ä vis dem Eingang zur bewutzicu »underreichen Villa Diese vielgepriesene Perle der Umgegend Gerua'S war nun heute für mich unzugänglich, sowie sür jeden Fremden. E« war einer jener wenigen hohen Feiertage im Jahre, wo keine Erlaubniß zum Besuche der Anlagen au« dem Grund« ge geben werden kann, weil man keine Leute hat, die den Fremden herumführen können. Um alle die Herrlichkeiten im Innern de» ein kleine- Bor gebirge einnehmenden Park«, alle Neberraschungen durch Lichtrffecte, Wasserkünste, Grotk'n, Durch, und A»»sichlen kennen zu lernen, braucht man seine zwei Stunden. Ich verzichtete gleichwohl nicht darauf, mir wenigsten» auf eigene Hand einen Ueberblick über diese« irdische Paradie«- gärtlein der Fra« Marquise Pallavicini zu ver- schassen. Der Zufall wollte, daß ich, al« ich einen Weg aus den nächsten Höhenpunct, der die Billa beherrschte, suchte, einige brave Dorfbewohner fand, die mich auf eine näher gelegene, eine zur Villa gehörige Plattform führten, von wo au« ich die schöne Billa unmittelbar' vor mir sehen und den Pinienwald, der die ganze Höhe de« Areal« bedeckt, bewundern konnte Etwa« Phan tasie half mir dabei, mir da« Uebrige zu denken, auSzumalen, wie hier vanille, Kaffee, Zuckerrohr, Palmen und selbst — Pfeffer wächst. Mit diesem Ergebniß ganz zufrieden, trat ich den Rückweg an, den ich zu Fuß aussührte, unv zwar bi« Sampierdarena (8. Sior ck'^rvn»). Diese sechs Kilometer wurren mir genußvoll genug. Ich »änderte fröhlich ganz allein fürbaß durch die drei aneinanderhängenden kleinen Ortschaften, link- die Bergabhänge bedeckt mit Billen, Berg häuschen, Capellen, im schönsten Grün, auch wohl noch mit Blumenflor prangend, recht« die langen Zeilen der Dorfgassen, in den offnen Zwischen räumen herrliche Blicke auf da« tiefblaue Meer und die Küstengebirge. Man konnte mit unbe- waffneten Augen bi« hinunter zum Vorgebirge von Noli, da« die Eisenbahn nach Nizza mittelst einer ganzen Reihe von Tunnel« durchbricht, weil da« Ufer keinen Raum mehr sür einen Weg bietet, sehen. E« war ein wunderschöner Spaziergang Noch mehr Abwechselung verschaffte ich mir, indem ich bei einer der kleinen Ortschaften am Wege die Landstraße verließ und zwischen hohen grauen Steinmauern, die erquicklichen Schatten gaben, hinauf stieg zu einem Kirchlein, da« die Pallavicini hatten restauriren lassen. Auch von da oben, von dem bastionenartigen, mit Brustwehr umgebenen freien Platze vor der Kirche hatte man eine entzückende Aussicht über da« Land und Meer in Oriainalfarben und vollster Naturwahrheit. Da« Kirchlein gehörte zur Gemeind« Moltedo. Da e« Feiertag war, so gab r« hier oben solenne« Glockengeläut« Das aber klang sür deutsch« Ohren gar weltlich und uaiv, tönte wie ein Schalmeienlied, nicht« weniger als heilig, stimmte aber zu dem sreund- lichen Sonnenschein und der Himmelsheiterkeit, die über der ganzen Natur lag, ganz ausgezeichnet. E« lachte Alle«, und da stimmten auch die Glocken mit eia. Durch enge Gäßchen zwischen himmelhohen Gartenmauern hindurch, durch von rieselndem und sickerndem Wasser befeuchtete Schluckten und über natürliche Treppen ging e« von der Höhe in weiten Bogen in da« trockene Bettleineine« Gebirgsbache« hinunter nach Sestri Ponente und dann an der schönenSommerkrischc der Genuesen,an Eornigliano. einem Billendorfe, vorüber nacb Sampierdarena. Dort nahm mich einer der großen Omnibusse der Ligurischen Gesellschaft aus und brachte den etwa« dom Sonnenschein und Schauen ermüdeten Rei senden durch die kort» läutern» (da« Thor beim Leuchtthurm) zur Stadt zurück, wo ein zeitige« urseine« „kraoro" im ki»tor»»ore ckel Osntro" (Vi» biuovL, kalarra 6»tt»ueo) sehr Kalo meine Lebensgeister köstlich erfrischte und ich in der Erinnerung all die erlebten Eindrücke de« Tage- noch einmal durchschwelgte. Genua, die viel geschmähte Stadt, der man vorwirft, daß „ihr Golf ohne Fische, ihre Berge ohne Wälder, ihre Männer ohne Treue, ihre Frauen ohne Scham" seien, Genua, da- von Dante so hart getadelt und von unserm Leo so unbarmherzig mitgenommen wird, Genua ist sür den Fremden eine wunderbar anziehende Stadt, die ihre Schattenseiten wohl zu verstecken weiß Ich werde ihrer bezaubernde» Eigenart so wenig vergessen, al« der morgenschönen, der reiz umflossenen Riviera! Larl-Thrater. I- Leipzig, 14. November. Der Clown Tre- molini mit der großen Trommel al« — Poesie, und der Erzieher Sparadrap mit der kleinen al« — Musik, die- Bild au« dem dritten Acte der „Prinzessin von Trapezunt" könnte zugleich al« gemalte Kritik dieser Offenbach'schen Operette gelten, welche man jetzt neueinstucirt in mehrfacher Neubesetzung giebt. Die deutsche Sprache, zu arm, um dem «euer: Begriff sür der artige Komik einen neuen Namen zu geben, um schreibt ihn mit den sinnreichen Worten „höhe,er Blödsinn" und „blühender Unsinn" oder greift zu dem nicht salonfähigen metaphorischen Ausdrücke „Blech", wobei sie, da« „gewöhnliche" von dem „höheren" sondernd, da« !^ere zu den „gediegenen Metallen" rechnet. Und zu diesem gehört unstreitig die genannte Operette, welcde unter allen Offenbach'schen Glücken von Anfang hi« zu Ende fast ausschließ lich die burleske und groteske Komik cultivirl. und bei der man sich schon amüsiren kann, ohne LaScivitäten ä I» Blaubart fürchten zu müssen Die Handlung ist nicht Übel, einzelne Situa tionen sind sehr komisch, und nur die Musik, welche zwar mehrere beachtenSwerthe Nummern aufweist, entsagt gleich anfangs, wie ihre neben sächliche Behandlung zeigt, jedem Ansprüche aus Bedeutung unv verbiete! der Kritik die Unter suchung ihrer Offenbach'jchen Untiefen. Da« Ensemble war gut, der Chor frisch, wenn auch noch nicht ganz sicher, da« Orchester präcc« und die Ausstattung in Decoration und Kostüm ohne Tadel. So war Pie Aufführung, welche überall die sorgfältige Vorbereitung verrieth, unv welche in den Hauptrollen die ersten Kräfte vor- sührte, wieder sür da« Earltheatcr eine erste Lei stung, die von dem gefüllten Hause oftmals durch Beifall und Hervorruf ar.eikannt wurde. Daß jetzt die Operette em größere« Publicum anzieht, liegt wohl außer der günstigeren Jahre«, zeit mit in dem Kamek de« Krl. Syrüe, wtlche feit ihrer „Marie" tm „Carueval" so schnell der Liebling de« Publicum« geworden ist. Auch in der heutigen Darstellung de« Prinzen Rafael, einer nicht bedeutenden Partie, wußte sie sich in dieser Gunst noch mehr zu befestigen durch ihr bescheiden-L Auftreten, ihren Gesang, der beson der« im Forte und Taffer drillirl, durch ihr sicheres Spiel, in welchem sic vollendete Grazie entfaltet, und auch, wa« für derartige Rollen nicht ru unterschätzen ist, durch reiche«, und doch nicht überladene«, geschmackvolle« Kostüm. Bon den dankbarsten Numyrexn, die ihr Blumenspen den und großen Applaus »intrugey, fei nur er wähnt da« Lred de« ersten Acte« mit dem tadellosen Piano-Triller, da« Duett mit Za- netta im zweiten und da« Lied von den Zahnschmerzen, die sie in einer hinuufgeschlagenen, forcirten Arpeggiatur treffend und doch musikalisch »nverzerrt charaklerisirte. In ihrem sowie in aller Hörer Interesse möchten wir hierbei den kichernden und plaudernden Chor an seine Pflicht erinnern, sich bei den Sololiedern in recht lact. vollem AuSschweigen seiner Pausen zu üben. Herr Forti, der zum ersten Male den Labriolo spielte — zu fingen hat er wenig —, war er- götzlich in seinen EircuSnüancen, in seiner Be weglichkeit und in seiner Seiltänzerkomik, die ihm eben so gut gelang al« dem tüchtigen Vorgänger, und in welchcr er feine skizzirte Figur durch manche komische Zuthaten, wie durch die Parodie de« Kanonenkvnig« und durch da« Spiel mit den klingelnden Handschuhe» auszeichnete. Wie er, so „arbeitete" auch Krl. Marköre l, deren hübsche« Seiltänzercostüm als Regina sehr zu ihrer zierlichen Gestaltpaßte, mit großerSewandt« heit, und sie traf mit spielender Sicherheit der, Lon- jrast in der Trennung de« Worte« und der Teste, der so urkomisch wirkt, wenn, wie in einer Doppel- rolle de« Körper« und Geiste«, der erstere in seine« gymnastischen Hebungen aus dem Seile tanzt, während der letztere im gesprochenen Worte gleichsam aus hohem Kothurn einherschreitet. Daß sie neben Kavrivlo. dem da« letztere Lob mitgilt, die typische Hauptfigur für d,e ganze groteske Komik der Operette gelungen darflellte, wurde durch ein prächtige« Bouquet und rerchen Applau» anerkannt. Auch Fräulein Balori. welche in glücklicher Anpassung au die gegebenen Verhältnisse die ernste Maske für tragisch« Rollen mit der heiteren Thalien« vertauschen will, zeichnete die Paola in dem hohlen Pathos ihrer Worte, gegenüber den durchaus nicht unterstützenden sondern contrast,- rendrn Seiltänzergesten mit kräftiger Kounk. und die Extreme berührten sich gut in dem Aplomp. mit dem sie Worte und Centner »,» sich warf. Der vierte von der Truppe. Herr Jung als Clown Tremolim, sticht freilich etwa« ab gegen die gymnastischen Glanzleistungen der Genossen; denn er müßte äußerlich beweglicher sein, und auch nicht anfang» gleich mit der Thüre in da« Hau- fallen, wenn er, wie mit d:m Pinsel die Haut seine« Gesichte«, auch mit de« Schlägrl die seiner großen Trommel so schrecklich maltraittrt Am besten war er im dritten Acte, und mit dem Texte fand er sich gut ab! Fräulein Penz war, rinh« umgeben von dem tollen Spiele, al« Zanetta in der üblen Lage, da« verliebte, einzig vernünftige Mitglied der Seitänzertruppe spielen zu müssen. Aber lle wußte au« der Rolle im Duett mit dem Prinzen, im Quartettlied de« Trllerdrehen« und auch im angenehmen Spiele alle« Mögliche zu machen. Herr Hampl al« Herrscher Kasimir, in seiner Erscheinung eine prächtige „Fallstaffzge" und tm Spiele eine drastiscde Figur, parodirt« die Lächerlichkeiten der nicht exisiirenocn Duodezfürsten am besten in seinem Zusammen spiel mit dem Erziehrx, und sang besonder« sein Stock-Couplet mit gutem Berständniß. Herr Hentschel war al« Sparadrap rechl gelenk, brachte die komischen Pointen nach Lorscbrift an. fiel auch nie au« dem angenommenen Ton der verstellten Stimme, könnte aber doch im Wort- verdrehen und Silbenstechen, da e« die Rolle nun einmal verlangt, noch Bessere« bringen. Da« läßt sich von Herrn Kunhardt, dem Lotterte. Direktor, nicht sagen; der bot da- Best«, näm lich da- grov7 Au -ie Corvette „Leipzig." Frei kommt e« gezogen auf brausender Se» Und r,gt a»S den Wogen, so stattlich zur Höh, Die Wellen umschLumeo in rauscheuder Lust Mit silbernen Säumen die eherne vrust. Da« schwebt wie zum Reigen v»u Flöthe» umwallt. Um herrlich zu zeigen die schmucke Lestclt, Die Masten, sie streben zur Sonne frei auf Und schwarzwrißroth schweben die Wimpel im Lauf. Du eherne Wach« aus wogender See, Frei mahnt deine Flagge au« soauiger Höh: Ich wahr' auf den Meeren für Kaiser und Reich De« Friebea, die Ehren und Rechte zugleich! Die Meere dorchgleite z« Hülfe und Schutz Der Brüder, rutsche,de, wo Frevel uud Trutz »lldeutschlaod verhöhnen, am rechtlosen Ort Mt schreckeobem Dröhnen und dsnnerndem Wort« Wenn je auf dem Mene drin Donnerms hallt Und Deutfchlaud zur Ehre dein Name erschallt, Lin «Sruß daun der Flagge in sonniger Höh' Und ihrer Sch»rmwache aus Leipzig zur Lee. (Eingesandt ) Gleich der Seescblange ziehen fick bereit« seit vielen Jahre« die Vorschläge wegen Beseitigung resp. lieber brückung de« sogenannten Mühl- graben« durch die Verhandlungen unserer städtischen Behörden, ohne zu einem Resultate geführt zu haben. Aach d«s neueste Project, wonach die linksseitigen Hau«besitzec re« Ran- städter Steinweg« mit einem gewissen Beitrage für die laufende Elle ihrer HauSsront zur Hebe?« bauung de« Mühlgraben« herangezogen werden sollen, wird voraussichtlich klanglo« «ie die früheren Vorschläge zum OrcuS hmabgehen, da die meisten dieser Adjacenten durch ihr Gewerbe (Fischer, Gerber, Färber rc) sür die Erhaltung de« jetzigen Zustande- interessirt sind. Jahre werden aber mals vergehen, bevor der unausführbare Plan durch einen neuen, vielleicht ebenfalls hinfälligen oder eine halbe Maßnahme ersetzt wird und doch mehrt sich die Gefahr mit jedem Verzug. Man beobachte nur da« Leben und Treiben m dieser Hauptverkehrsader »userer Stadt, namentlich an einem Markttage, und mau wird e« erklärlich finden, daß den hier waltende» Mißständen bereit- verschiedene Male Leben und Gesundheit von Pas santen zum Opfer fielen Man beobachteten Fähr verkehr nach und von der Färberstraße über den kaum 12 Fuß breiten Knüppeldamm der linken Seite de« Ranstädter Gteinweg« und man wird staunen, wie noch nicht mehr Unglück geschehen, wie mai, in einer Stadt voy dem Range Leipzig« solche Zustande dulden konnte. Baldige Abhülse ist hier dringend geboten durch Ableitung de« Fährver kehr« (Omnibusse, Sand- und Stnnwagen). durch verbot de« Droschen verkehr« nach und von der Färberstraße auf der linken Seite de« Ranstädter Steiuwegs oder durch Anlage einer einfachen Holzbrücke Uber den Mühlgraben al« Verlänge rung der Kärberstraße, wenn die Verhandlungen, da« Ueberwvlben de« Mühlgraben« betreffend, fick wirklich nicht mehr al- in dem letzten Jahrzehnt beschleunigen lassen. Alle aber, welche durch Wohnung oder Berns gezwungen sind, den Ran städter Gteinweg zu passiren. sowie der Städtische Verein werden gebeten, diese Sache zu der ihrigen zu machen und mit allen Mitteln die Beseitigung nicht eine« Miß-, nein eine« Nothstande« auzu- streben, der für die Vetheiligten ebenso unerträg lich al« gefährlich ist. 0. 8ck.
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