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10 Infolge einer bedeutenden auf das Jahr genügend verteilten Niederschlagsmenge ist die Serra do Mar vom Rio Francisco an bis über Rio de Janeiro hinaus mit den üppigsten Urwäldern bedeckt. Doch haben Abholzungen in der Nähe von Rio de Janeiro und die darauf eintretenden trockenen Jahre gelehrt, dafs ein Teil der jährlichen Regenhöhe dem Walde selbst zu verdanken ist. Die Küstengegenden der brasilianischen Provinzen Maranhäo, Piauhy, Cearä, Rio Grande do Nord und Parahyba besitzen keine geschlossenen Randgebirge mehr, die den Passat entfeuchten könnten. Das Jahr ist hier scharf wie im Inneren in eine Trocken- und Regenzeit geschieden. Erstere ist mindestens auf drei Monate ausgedehnt, wie in der sonst regenreichen Gegend von Sao Luiz de Maranhäo, oder auf sechs Monate wie in Cearä. Ja es kommt in letzterer Provinz häufig vor, dafs sich die Regenzeit um mehrere Monate verzögert oder längere Zeit hindurch über haupt nicht eintritt, so dafs durch die Dürre jeder Pflanzenwuchs zerstört wird. Diese ungünstige Niederschlagsverteilung läfst die Steppen, die hier den Namen Campos führen, bis an den Ozean herantreten. Sie bedecken auch den gröfsten Teil des inneren Brasiliens, da hier durch die scharf ausgesprochene Grenze zwischen Regenzeit und Trockenheit, sowie wegen der mit der Entfernung von der Küste auf den Plateaus wachsenden Wärme schwankungen — deren Ursachen bereits oben näher erörtert wurden — die Lebensbedingungen für die Vegetation des tropischen Urwaldes sehr ungünstig sind. Eine Ausnahme machen jedoch diejenigen Stellen, denen infolge von Bewässerung durch Flüsse oder Sümpfe der Niederschlag in der Trockenzeit ersetzt wird. Auch wurden in diesen Gegenden das ganze Jahr hindurch starke nächtliche Nebel beobachtet, die jedenfalls viel zur Milderung der Temperaturgegensätze beitragen. In den Campos allgemein verbreitet ist eine eigentümliche Waldform, die der Catingas. Sie zeichnet sich dadurch aus, dafs die sie zusammensetzenden Bäume, mit Ausnahme weniger immer grüner, bei Beginn der Trockenheit ihr Laub abwerfen. Es ruft also hier Mangel an Feuchtigkeit dieselbe Wirkung hervor, wie der Mangel an Wärme bei den Bäumen im gemäfsigten Klima. Zwischen dem 23.° und 30.° S. B., also in den brasilianischen Provinzen Minas Geraes, Sao Paolo, Parana, S. Catharina und Rio Grande do Sul, werden nach Martius die Catingas durch fast unvermischte Bestände von Araucarien ersetzt. Der Grund ist wohl in der geringeren mitt leren Jahrestemperatur (sie bleibt immer unter 20°) und in dem mit zunehmender geographischer Breite auch wachsenden Wärmeunterschiede der Jahreszeiten zu suchen. Im Winter ist es gar nicht selten, dafs auf den Plateaus Schnee fällt oder Eis angetroffen wird. Zwischen Hochland und Anden haben sich die äquatorialen Urwälder, dem Lauf des Madeira und Paraguay folgend, bis tief in den S. Brasiliens hinein verbreitet. Sie führen hier den Namen Pantanals und bedecken die Ufer und sumpfigen Niederungen der erwähnten Ströme und deren Nebenflüsse in Bolivia. An denjenigen Stellen, an denen die Bodenbeschaffenheit eine genügende Bewässerung verbietet, werden sie von Campos unterbrochen. Der 21.° S. B. ist die S.-Grenze der Pantanals. In Grofs-Chaco folgen ihnen einförmige Wälder von Wachspalmen oder von Algaroben, die ihre Existenz nicht dem besonders günstigen Klima, sondern hauptsächlich der reichlichen Bewässerung verdanken. An der Küste reicht der brasilianische Waldtypus bis zum 30.° S. B. Im Innern bildet die Grenze zwischen Wäldern und Pampas eine bogenförmige Linie, die die Anden in der Nähe des Wendekreises trifft. Wie in den Parime-Bergen finden sich auch in der Serra do Mar zahlreiche von Baum-