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Zenithregenzeiten von zwei weniger regenreichen Perioden unterscheiden. Beide Regenzeiten haben ein Steigen des Stromes zur Folge. Die gröfste Steigung nimmt ihren Anfang im Februar und erreicht ihren Höhepunkt im Juni mit 14 m über dem niedrigsten Wasserstande. Wegen Ver minderung der Niederschläge sinkt nun das Wasser bis gegen Mitte Oktober. Dann beginnt wiederum ein Steigen des Flusses, da jetzt die zweite Regenzeit einsetzt, die bis Ende Februar dauert. Eigentümlich ist ein plötzliches Herabgehen der Temperatur während einiger Tage des Junis. Dieselbe Erscheinung tritt in den Monaten März, April oder Mai auch für die ganze kon tinentale tropische Zone Südamerikas ein. Nach Ingenieur Pinkas ist der Grund folgender: durch Wärmestrahlung von der Erde aus und durch das Freiwerden der latenten Wärme bei der starken Kondensation des Wasserdampfes wird eine schnelle Erwärmung der diese Gegenden be deckenden Luftsäule erzielt und ein Abfliefsen der oberen Luftschichten verursacht. Dadurch wird ein Gebiet sehr geringen Druckes geschaffen (das Barometer fällt um 5—6 mm), in das sich mit grofser Gewalt südliche kalte Winde von den Anden her stürzen. Beobachtungen, die die Schäd lichkeit dieser plötzlichen, bedeutenden Temperaturerniedrigung beweisen, sind wohl in Bezug auf die Tierwelt, noch nicht aber auf die Vegetation gemacht worden. Durch die überaus günstigen Vegetationsbedingungen am oberen Amazonas wird eine grofse Üppigkeit der Pflanzenwelt hervorgerufen. Mit abnehmender Entfernung von den Ariden, also mit zunehmender Feuchtigkeit, wächst die Undurchdringbarkeit des Urwaldes. Vom 2.°—6.° N. B., wo die Wälder von Atures beginnen, und vom Rio Guaviare an, breitet sich, nach dem Amazonas zu immer dichter werdend, der Urwald’bis ungefähr zum 7.° S. B. aus. An den Stellen, an denen in den Hauptstrom Nebenflüsse münden, also gröfsere Gebiete bewässert werden, erstrecken sich die Waldungen zungenförmig noch weiter nach Süden. Zu beiden Seiten des Stromes kann man zwei Waldregionen verschiedenen Charakters verfolgen. Die eine, der sogenannte Igapo-Wald, liegt im Inundationsgebiet des Stromes und ist während der grofsen Regenzeit häufig monatelang viele Meter hoch überschwemmt, so dafs die Bäume oft bis an die Kronen unter Wasser stehen. Diese übermäfsige Feuchtigkeit ist für die Laubhölzer nicht günstig, daher erreichen hier auch die Lorbeer- und Tamarinden-Formen eine verhältnismäfsig geringe Höhe. Dagegen ist das Überschwemmungsgebiet das reine Dorado für die Palmen, ganz ihren grofsen Ansprüchen an Feuchtigkeit entsprechend. An der Grenze des Igapo- Waldes schliefst sich der Ete- oder Gua^u-Wald an, der sich durch die enorme Entwickelung der Lorbeerformen auszeichnet, während die Palmen mehr in den Hintergrund treten. Eine besondere Vegetationsformation sind noch die Capoes auf beiden Seiten des Rio Negro. Die gröfsere Höhe des Baumwuchses in der Mitte und dessen Abnehmen nach dem Rande zu, an dem nur noch Gebüsch und Zwergbäume wachsen, verleiht ihnen das Aussehen von Hügeln. Es hängt diese eigentümliche Bildung mit der ungünstigen Beschaffenheit des Bodens und nicht mit den klimatischen Verhältnissen zusammen. Derselbe besteht aus Sandstein, der seiner Porosität wegen in der Trockenzeit ein schnelles Ausdorren der aufliegenden Humusschicht an den Rändern der Capoes bewirkt, während nach dem Inneren zu die Bäume durch ihr schützendes Blätterdach sich die Feuchtigkeit in wachsendem Mafse zu erhalten im Stande sind. Im Gebiet des unteren Amazonas zeigt sich, wie überall in den Tropen, während der beiden Zenithstände der Sonne das Bestreben, Wärmezentren zu bilden. Doch kommt im all gemeinen nur eine einzige Regenzeit zustande. In den Monaten August—Februar weht nämlich