Vas Bon Heinrich Wuttke. Wenn im Gewühle der Menschen, im Aufeinandcrstoß der kämpfenden Kräfte, vor dem Triumpfc der Niedrigkeit das Herz verdüstert und der Sinn umnachtct wird, flüchten wir uns in die heiligen Räume der Dichtkunst. Nahen wir uns den hohen Dichtern, reichen sie uns ihre Hand. Sophokles und Shakspeare zeigen uns wieder den Menschen in seiner Schönheit und markigen Gewalt, ruhigen Gleichmut!) lehrt uns Göthe und die glühende Strebkraft haucht von neuem in unsere Adern der mächtige Schiller. Abgeklärt und gestärkt werfen wir uns abermals in den Strudel hinein, eingedenk der Pflicht des Lebens. Rückerts tiefsinnige Weisheit, Anakreons anmu- thiges Getändel, selbst eines Berangcr und Hafis trunkene Ausgelassenheit, wie der die Wunden seines Gemüthes auf- reißende Heine, unterstützen uns in seinen täuschungsvollen Mühen. Ihre Werke ergreifend rufen wir diese großen Män ner an und sie stehen uns Rede. Nicht eine Person, eine ganze Nation lassen wir zu uns sprechen, sobald wir uns in das Volkslied versenken. Die Dichtung eines Volkes ist das Sichaussprechcn seines Geistes, in diese Bibel trägt es das ein, wovon cs stark und nachhaltig bewegt wurde, und der erschütterte Mensch spricht wahr. Die Behauptung dürfte schwerlich übertrieben sein, daß die Entwickelung und das Gepräge des deutschen Volkes gar 4